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Johannes Sonnberger war ein Spätstarter, zumindest was die das Violinspiel betrifft. Die Geige hat er erst im Alter von zehn Jahren entdeckt. Ab diesem Zeitpunkt hat er sie nicht mehr aufgegeben. Mit ihr fühlte er sich sicher, sie war wie eine Insel. Die Musik half ihm, sich auszudrücken, mit ihr fühlte er sich „intakt“ und auch „im Takt“ mit sich selbst.
Im Alter von 13 Jahren spielte Sonnberger seine erste Messe. Der Kirchenmusik ist er treu geblieben, sie ist für ihn ein Geschenk. Der Linzer ist als Geiger viel unterwegs. Seit Jahrzehnten ist er Konzertmeister des Linzer Domorchesters und hat von Kronsteiner, Sulzer, Reinthaler, Matsch, Habringer bis aktuell zu Andreas Peterl schon viele Domkapellmeister erlebt.
„Die schönsten Werke sind in der Kirchenmusik zu finden“, sagt Sonnberger. Als Musiker gelinge es ihm, viel intensiver am Gottesdienst teilzunehmen: „Wenn ich selbst etwas beitragen kann, ist mir das am liebsten“, erzählt er. „Ich bemühe mich immer, eine Textstelle musikalisch so gut zu gestalten, dass die Botschaft ankommt und die Post verstanden wird“, erzählt der Geiger, der lange Zeit Religion unterrichtete.
Erst kürzlich hat er ein Buch herausgebracht, das ihm ein Herzensanliegen ist: „Und das Wort ist Klang geworden. Vom Geheimnis der Menschwerdung in der Musik.“ Hier verbindet der Theologe und Musiker seine Liebe zur Musik mit musikhistorischem und theologischem Wissen. Er lädt zu einem Gang durch die Musikgeschichte ein, führt fiktive Interviews mit Mozart, Bach und Beethoven und bringt Hörbeispiele, die man mit QR-Code scannen und anhören kann. Die Klammer dieses Buches bilden Hildegard von Bingen und Teresa von Ávila. „Im Klang kommt das Göttliche zu uns. In der Harmonie hören wir unser Verbundensein mit dem Absoluten“, könnte zusammengefasst eine These von Hildegard von Bingen lauten. „Die beiden haben zur persönlichen Menschwerdung am meisten zu sagen“, meint Sonnberger. Besonders bei Teresa, die erst seit 1970 Kirchenlehrerin ist, wurde der Musiker fündig. Es gehe – frei nach Teresa – darum, mit Gott in Verbindung zu treten wie mit einem guten Freund.
Interessiert hat Sonnberger die Frage, wie die zentrale Stelle „et in carnatus est“ („und ist Fleisch geworden“) von den Komponist/innen im Lauf der Jahrhunderte musikalisch umgesetzt wurde. Je nach persönlicher Glaubensüberzeugung und Zeitepoche ist die musikalische Antwort unterschiedlich ausgefallen.
Dass besonders hier viel Sorgfalt auf die Stelle gelegt wurde, sei ihm als Kirchenmusiker aufgefallen: „Mozart betont mehr das Spielerische, Dramatische, das Schöpferische. Beethoven hält eher das Mensch-Sein hoch.“ Bei Bruckner sei das meiste Gebet, er sei schon sehr gläubig gewesen, findet Sonnberger. „Wenn in der d-Moll-Messe plötzlich auf Fis-Dur gewechselt wird, dann treibt es mir den kalten Schauer über den Rücken, das spüre ich körperlich“, beschreibt Sonnberger seine Hörerlebnisse. Jede/r höre etwas anderes, erlebe Musik anders – auch das fasziniert ihn.
Für die Dommusiker/innen im Mariendom ist die Advent- und Weihnachtszeit eine intensive Zeit: „Musizieren im Dom ist wegen der langen Nachhallzeit eine Herausforderung. Bis zu acht Sekunden lassen oft alles in einem Nebel verschwimmen. Aber die großartigen Akustiker haben bei der Neugestaltung des Doms mit abgehängten Mikrofonen und guten Lautsprechern Teilerfolge erzielt.
Manchmal aber ist die Akustik perfekt, wenn ich an das Bruckner-‚Te Deum‘ mit tausend Sängerinnen und Sängern denke. Der Raum im Neuen Dom lädt ein, herunterzukommen, sich geborgen zu fühlen, aber auch Ehrfurcht zu spüren.“ Besonders warm anziehen ist im Winter ein heißer Tipp – und dann von Architektur, Kunst und Musik berühren lassen. Eine Einladung, die ganzjährig gültig ist.
Johannes Sonnberger entdeckte mit zehn Jahren die Geige. Seither begleitet sie ihn durchs Leben. Als Konzertmeister und Religionslehrer hat er sich mit viel mit Musikgeschichte, Theologie und mit dem Hören beschäftigt. Seit neuestem ist er Autor eines Buchs über die Menschwerdung in der Musik.
Buchtipp: Johannes Sonnberger: „Und das Wort ist Klang geworden“, Verlag Wagner 2022, € 25; Info und Bestellung: www.johannessonnberger.at
Ein Lichtstrahl
bricht auf
das Dunkel
des Leben
Ein Spalt
hält offen
den Blick
für eine andere
Wirklichkeit
Ein Ton
dringt ein
in den Grund
meiner Seele
kaum
wahrnehmbar
sichtbar
hörbar
und
dennoch
da
Teil 1: Alles ist Handarbeit: Blick in die Werkstatt
Teil 2: Zeit der Sehnsucht: Musik kann trösten
Teil 3: Verborgene Schätze aus Stein und Glas
Teil 4: "Ich suche einen Menschen"
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