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Kyra Kleinschmidt steht vor einer Glasplatte, die von unten beleuchtet ist. Allerlei Gerätschaft ist darauf zu sehen: Messer, Pinsel, diverse Gläser mit Flüssigkeiten und Glasfarben-Pigmenten.
Neben ihr sind kleine farbige Glasstücke aufgelegt. Das ist der Arbeitsplatz der Glasrestauratorin in der Glaswerkstätte Schlierbach. Durch ihre Hände gehen jene Glasfenster, die für den Mariendom restauriert werden. Nach der „Aufnahme Mariens in den Himmel“, dem großen Mittelfenster im Hochchor, folgen die „Biblische Gestalten um Maria“ und nächstes Jahr dann die „Geburt Christi“.
Veränderungen werden Besucher/innen schnell erkennen können, denn nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwei Einzelscheiben des Fensters falsch eingesetzt. Dabei wurden die Köpfe von Maria und Josef auf die Beine der Hirten gesetzt und umgekehrt (siehe Bild oben). Nicht nur das wird im Zuge der Restaurierung korrigiert. Schmutzablagerungen und Kerzenruß setzten den Fenstern zu, Risse und Sprünge sind entstanden. Sie müssen gereinigt, geklebt, fehlende Teile ergänzt und gelötet werden.
Nach 100 Jahren werden die Gemäldefenster nun restauriert. Die Schlierbacher Glaswerkstätte ist die erste Adresse dafür. Der moderne Klosterbetrieb mit traditionellen Wurzeln arbeitet seit 1884 mit Glas, im Bereich künstlerischer Gestaltung, Restaurierung und Architektur kann die Werkstatt auf viel Erfahrung und Wissen zurückgreifen. Das ist auch bei Kyra Kleinschmidt so. Sie schätzt ihre vielfältige Arbeit. Von der hohen Qualität der Fenster und der Handwerkskunst der Generationen vor ihr ist sie beeindruckt. Der Respekt vor dem Original ist groß, mit viel Liebe zum Detail haben die Maler damals Augen, Haare, Kleider und Mäntel gestaltet. „Es ist unglaublich, wie aufwendig ein Stück Bart ist“, sagt sie: „Jedes Glas wird einzeln zugeschnitten, bemalt, gebrannt und dann neu verlötet.“ Auswählen kann die Glasmalerin aus einer Farbpalette mit rund 600 verschiedenen Farbtönen. Jedes Fenster besteht wiederum aus 30 Feldern. Oft muss Kleinschmidt mit Handschuhen arbeiten, denn das „Bleiweiß“ sollte man sich besser vom Leibe halten. Essen in der Werkstatt? Streng verboten!
Wie soll restauriert werden? Das wird vorab in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege geklärt. Denn die Arbeiten in Schlierbach sind von „landesweiter Relevanz“, wie Kunsthistorikerin Christina Wais erklärt. Grundsätzlich hält sie fest: „Wir gehen hier Scheibe für Scheibe durch. Bei jedem Fenster wird individuell entschieden, wie die Restaurierung zu erfolgen hat. Eines ist klar: Die Qualität der Fenster ist äußerst hochwertig. Wir haben hier im größten Sakralbau Österreichs auch den größten Bestand an Glasmalerei mit mehr als 70 Fenstern.“
Die Restaurierung der Glasfenster wird kunsthistorisch-wissenschaftlich begleitet und soll Vorzeigecharakter haben für Nachfolgeprojekte. Der Mariendom „ist ein herausragendes Denkmal Österreichs“, sagt Christina Wais. Der Einbau von Schutzgläsern bewahrt die Fenster in Zukunft vor Kondensat, Schmutz und Umwelteinflüssen. Wichtig ist ihr auch, die Bevölkerung für die wertvollen Glasfenster zu begeistern. Gemäldefenster-Führungen seien dafür besonders geeignet. Die Restaurierungskosten belaufen sich pro Fenster auf 30.000 Euro. Mit Spendenaktionen bei „Advent am Dom“ will die Initiative „ProMariendom“ die Restaurierungsarbeiten mitfinanzieren.
Domfenster, im Bauwerk aus Stein
Stein ist kalt
Stein wird behauen
Stein hat Gewicht
Stein gibt Halt
Stein erfordert viel Sorgfalt
Domfenster, gefertigt aus Glas
Glas wird erzeugt
Glas wird geschnitten
Glas ist zerbrechlich
Glas wird bewundert
Glas erfordert viel Sorgfalt
Domfenster, Botschaft für alle
Von außen betrachtet bei Tag
erscheinen sie dunkel und kühl
Um die Botschaft zu sehen
muss man den Standort verändern
im Inneren wird die Botschaft lebendig:
Gott ist mit uns
Bischofsvikar Johann Hintermaier
Für die Abonnent/innen der KirchenZeitung bieten wir im Advent in Kooperation mit Pro Mariendom zwei Führungen im Mariendom an – kostenlos.
Themen und Termine
Fenster ins Land,
Sa., 10. Dezember 2022 um 13 Uhr
Neben Erklärungen zu Maltechnik und Entstehung werden die beeindruckenden Gemäldefenster auf der Innengalerie genauer betrachtet. Auch die modernen Fenster im Kapellenkranz und die Turmrosette werden ausführlich in diesen Rundgang einbezogen. Höhepunkt ist die Begehung der Innengalerie in circa 14 Metern Höhe.
Wege zur Weihnacht,
Sa., 17. Dezember 2022 um 10:30 Uhr
Bei dieser Spezialführung mit Bischofsvikar Johann Hintermaier führt der Weg von der berühmten und frisch restaurierten Krippe von Sebastian Osterrieder in der Krypta des Mariendoms über die Wendeltreppe auf die Innengalerie des Doms, die einen einzigartigen Blick in den riesigen Innenraum und auf die kunstvoll bemalten Hochchorfenster bietet.
Dauer: je etwa 1 Stunde
Treffpunkt: 15 Minuten vor Fühungsbeginn vor dem DomCenter, Domplatz 3, 4020 Linz
Parkmöglichkeit: Tiefgarage Domplatz
Begrenzte Teilnehmerzahl: max. 15 Personen / Führung
Normalpreis: € 6,50/Person
Ihr Vorteil: Mit der Vorteilskarte können Sie kostenlos an einer der exklusiven Führungen teilnehmen; gültig für max. 2 Personen pro Beziehernummer.
Info und Anmeldung: www.kirchenzeitung.at/fuehrung, Tel. 0732 7610-3944
Teil 1: Alles ist Handarbeit: Blick in die Werkstatt
Teil 2: Zeit der Sehnsucht: Musik kann trösten
Teil 3: Verborgene Schätze aus Stein und Glas
Teil 4: "Ich suche einen Menschen"
Teil 5: Vom Geheimnis der Menschwerdung
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