BRIEF_KASTEN
So ist es bei den meisten Menschen dieser Welt: Niemand hat sie gefragt, welcher Nation sie eigentlich angehören wollen. Ob Österreicherin oder Deutscher, Nigerianerin oder Kanadier, Chinese oder Vietnamesin – mit der Geburt war die Sache geklärt. Meistens.
Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil musste sich um eine Staatsangehörigkeit bewerben. Wie man in das Leben überhaupt ungefragt hineingeboren wurde, so ist es auch mit der nationalen Zugehörigkeit. Auf die Religionsgemeinschaft trifft dies in den meisten Fällen auch zu. Die wenigsten haben sie sich selbst „ausgesucht“.
Viel hängt von diesem Hineingeboren-werden ab: Ob jemand das Glück hat, in Wohlstand leben zu können, oder ob man Tag für Tag um seinen Lebensunterhalt ringen muss. Ob man sich auf den Straßen fürchten muss und ob man bei einer ernsten Erkrankung Hilfe findet. Wie die Schulen sind und ob man sie besuchen kann. Ob man frei reden kann oder ob man staatlicher Willkür ausgesetzt wird.
Am 26. Oktober ist Nationalfeiertag. Vielleicht wäre es angemessen, beim Blick auf die Entwicklungen der Welt zu diesem Anlass weniger den Nationalstolz – seht her, wir sind besser als andere – in die Mitte zu rücken, als vielmehr eine Art National-Dankbarkeit: Mit unserem Hineingeborenwerden in das Land Österreich hatten wir ziemlich viel Glück. Wir sind nicht besser, aber wir haben es besser als andere. Mit unserer Geburt haben wir ein ziemlich großes Guthaben mitbekommen. Das einzugestehen, könnte uns ein wenig großherziger machen.
BRIEF_KASTEN
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>