BRIEF_KASTEN
Es ist sicher keine unwichtige Frage, ob man für Mädchen bis 14 Jahre ein Kopftuchverbot in der Schule verhängt. Allerdings: Die große Präsenz der Frage in der Öffentlichkeit beschneidet die Aufmerksamkeit für Anderes.
Das beginnt in der Schule selbst: Bildungspolitik ist bei uns seit Jahrzehnten vom Ausbleiben echter Reformen geprägt. Dass Quereinsteiger als Lehrer:innen aufgenommen werden müssen, ist kein Ruhmesblatt. Nach wie vor hängt Bildung stark vom Elternhaus ab. Im Übrigen ändert die Kopftuchdebatte nichts an anderen Integrationsproblemen in Schulen: Warum spricht die Politik nicht auch über das Verhalten mancher männlicher Schüler (Stichwort toxische Männlichkeit)?
Probleme gibt es aber auch darüber hinaus: Die Inflation ist nach wie vor zu hoch. Die staatlichen Kosten für die Pensionen sind nicht im Griff. Ob und wie wieder Arbeitsplätze in der Industrie geschaffen werden können, ist für die Zukunft essenziell. Das Thema der Wehrfähigkeit des Landes will trotz Krieg in der Nachbarschaft niemand wirklich aufgreifen. Das Kopftuchverbot ist im Vergleich dazu eine überschaubare Sache, die nichts kostet. Die wahren Herausforderungen für die Politik liegen anderswo.
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