Dietmar Steinmair ist Geschäftsführer des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg und Teamleiter im Pastoralamt der Diözese Feldkirch.
Die Jungschar hat eine Initiative gestartet für eine kinderfreundliche Kirche und kinderfreundliche Pfarrgemeinden. Was bedeutet denn das allgemein gesprochen für Sie?
Michaela Druckenthaner: Dass Kinder in der Kirche einfach willkommen sind und dass sie spüren, wie sich die Leute freuen, wenn sie da sind. Dass sie Angebote und Räume finden, wo sie merken, da kann ich daheim sein in dieser Kirche.
Im Gottesdienst ist es normalerweise so, dass man ruhig sitzen soll und eine passive Rolle einnimmt. Für Kinder ist das bisweilen schwierig durchzuhalten. Soll man das über den Haufen werfen, damit man den Bedürfnissen der Kinder gerecht wird?
Druckenthaner: Man muss unterscheiden zwischen „normalen“ Sonntagsgottesdiensten und Kinder- und Familiengottesdiensten. Eigentlich sollen sich Kinder in jedem Gottesdienst angesprochen fühlen. Es geht gar nicht darum, dass man einen Ablauf über den Haufen wirft, sondern dass man die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils ernst nimmt im Sinne der aktiven und tätigen Teilnahme aller. Für Kinder heißt das aber mehr als innere Teilnahme: sich bewegen dürfen, mittun, verstehen können, was da gerade passiert. Kinder sollen merken: im Gottesdienst geht es auch um mich, um mein Leben.
Im sonntäglichen Gemeindegottesdienst ist der Klassiker, dass die Kinder zum Vaterunser-Kreis nach vorne zum Altar eingeladen werden, das Mindestmaß der Beteiligung. Kinder sollen mit Händen, mit dem Herz, mit dem Hirn mitmachen können. Wichtig ist das Reduzieren und Einfachhalten des Gottesdienstablaufes für Familien- und Kindergottesdienste. Es geht auch darum, dass Kinder einfach einen guten Platz haben, auch in der Kirche möglichst weit vorne, wo sie was sehen können, wo sie sich beteiligen können und wo sie sich trotz allem auch bewegen können – und wenn es einmal fad ist, dass sie mal was anderes tun dürfen.
Gibt es neben dem Vater-Unser-Kreis noch andere Beispiele für das Einbeziehen der Kinder?
Druckenthaner: Lieder sind immer etwas, auf das Kinder voll anspringen, besonders wenn sie sich dazu bewegen können. Das ist auch in jedem Sonntagsgottesdienst möglich! In Kinder- und Familiengottesdiensten kann außerdem mit Legematerialien gearbeitet werden, wo das Evangelium einfach mit Bildern oder mit Figuren dargestellt wird. Die Kinder können dabei einfach was dazulegen und selbst ein Bild gestalten.
Oder das Mitsprechevangelium, das ist auch was ganz Spannendes. Bestimmte zentrale Sätze werden dabei gemeinsam wiederholt. Super ist natürlich, wenn die Kinder schon in der Vorbereitung miteinbezogen werden, wenn sie sich überlegen können, was ihnen am Herzen liegt, und das in den Fürbitten einen Widerhall findet. Oder das Evangelium szenisch nachspielen.
Was ist in den Kirchenräumen möglich, um diese kinderfreundlich zu gestalten?
Druckenthaner: Immer mehr Pfarrgemeinden richten Spieleecken in den Kirchen ein, wo Bücher und Spiele da sind, die nicht zu viel Lärm machen. Da merken Kinder einfach, dass jemand an sie denkt, und das ist schon ein großes Zeichen.
Wie sehr sind Pfarren bereit, sich auf die Bedürfnisse der Kinder auszurichten?
Druckenthaner: Ich mache die Erfahrung, dass die meisten Leute total erfreut sind, wenn Kinder in der Kirche sind. Trotzdem ist es sinnvoll, es klar auszusprechen. Wir haben in der Pfarrgemeinde Ottensheim, wo ich ehrenamtlich tätig bin, im Pfarrgemeinderat beschlossen, dass wir eine kinderfreundliche Pfarrgemeinde sein wollen, und das auch im Pfarrblatt so geschrieben. Ich habe das Gefühl, dass das eine Wirkung hat. Manchmal sind es übrigens ganze einfache, kleine Maßnahmen, die zeigen, dass Kinder willkommen sind: wenn zum Beispiel einfach ein Stockerl zum Pfarrheim-Klo gestellt wird, damit die Kinder zum Waschbecken rauf können.
Bei der Initiative der Jungschar werden auch Kinder nach ihren Wünschen gefragt. Was erwarten Sie sich?
Druckenthaner: Es wird spannend, was da kommt. In der Erzdiözese Salzburg hat man die Umfrage unter Kindern schon vor ein paar Jahren gemacht. Es sind ganz viele interessante Rückmeldungen gekommen. Zum Beispiel war eine Antwort, dass die Kinder gerne einen Gummibärchenautomaten in der Kirche hätten. Das kann man jetzt nicht unbedingt umsetzen, aber dennoch macht es deutlich, dass es bei Kindern ein Gespür dafür gibt, dass Gottesdienst feiern und miteinander essen zusammengehören. Wenn man das ernst nimmt, kann man zum Beispiel nach einer Kinderkirche ein gemeinsames Essen in Form einer Agape anbieten. Dieses ganzheitliche Feiern im Gottesdienst und nachher einfach zusammenkommen und miteinander zwanglos spielen, das gehört für Kinder zusammen.
Die Jungschar hat im Herbst die Initiative „Kirche gestalten: Kinder mittendrin!“ gestartet. Mehr Infos: www.dioezese-linz.at/kjs/kinder-mittendrin
Checkliste für eine familienfreundliche Pfarrgemeinde:
www.dioezese-linz.at/kjs/kinderfreundliche-kirche

Dietmar Steinmair ist Geschäftsführer des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg und Teamleiter im Pastoralamt der Diözese Feldkirch.
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