BRIEF_KASTEN
Etwas mitnehmen. Weil es so schön hier war. Ein Kettchen, ein besonderer Stein, eine kulinarische Kostprobe – zum Andenken für mich selbst oder für die Daheimgebliebenen. Das Mitbringsel ist ein dinglich gewordener Ausdruck der Dankbarkeit. An großen Wallfahrtsorten prägen die Souvenirstände das Erscheinungsbild. Die schöne Erfahrung hier – sie möge doch ein wenig von Dauer sein. Das ist die Sehnsucht dahinter. „Nachhaltig“ würde man heute sagen – die Nachhaltigkeit des Schönen und der Dankbarkeit. Doch die folgenden neuen Erfahrungen drängen das Erlebte bald an den Rand. Das Mitbringsel wird zum Ding, das am Regalbrett verstaubt, oder – falls eigentlich genießbar – sein Ablaufdatum still und heimlich überschreitet. Vielleicht sollte man seine Mitbringsel nicht nur in Souvenirläden suchen. Auch Erfahrungen und Erlebnisse kann man mitnehmen. Soll man sogar. Schöpferische Persönlichkeiten – Dichter wie Goethe, Musiker wie Mendelssohn Bartholdy – sind weit gereist. Ihre Erfahrungen dabei haben in der Folge ihr Wesen und ihre Werke mitgeprägt. Sich von den Erfahrungen in der Welt verändern zu lassen – seinen Lebensstil aufgrund seiner Erlebnisse neu auszurichten – das wäre ein „nachhaltiges“ Mitbringsel. Wo der Staub nicht hinkommt – im Inneren des Herzens – bewahrt man sie auf.
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