BRIEF_KASTEN
Besuch in Steyr. Ich wandle durch den Kirchenraum in der Marienkirche. Ein meditativer Weg mit Kunst-Installationen wurde in den Seitenkapellen geschaffen.
Eine Frau begegnet mir und erzählt mir, wie berührt sie von der Gestaltung und den Texten ist. Man sieht es ihr an: Sie hat Tränen in den Augen, ihre Stimme ist leise, fast verhalten.
Gänzlich anderes ereignete sich einige Tage davor: eine Frau betrat das Kirchenschiff und schrie herum. „Teufelswerk!“, sie brauche keine Zetteln und zerknüllte den Folder mit der Erklärung zum „Kunst_Raum der Stille“ und warf ihn in den Mittelgang.
Kurz darauf wird bekannt, dass an die Kunst-Installationen Hand angelegt wurde: Teile des Werks wurden entwendet und im Kirchenraum versteckt. Den Worten folgten also Taten.
Auch die profanierte Marienkapelle am OK-Platz in Linz, als Ausstellungsraum genutzt, wurde kürzlich Ziel einer Attacke.
Zerstörung von Kunstwerken ist Sachbeschädigung, egal wo. Im Kirchenraum genauso wie vor der Tür. Es gibt Alternativen: das Andere, Fremde, Irritierende aushalten, eine andere Meinung dulden, die eigene Weltsicht einmal in Frage stellen lassen.
„Kunst ist die Sprache der Religion, auf sie verzichten heißt sprachlos werden“, dieses Zitat von Günter Rombold ist zeitlos gültig und gilt für alte und neue Kunst. Immer.
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