BRIEF_KASTEN
Viele Menschen mögen den Advent als heimelige Zeit bei Kerzenlicht und Keksduft. Bei mir überwiegt am Ende des Jahres aber oft schon die Ungeduld: Wann werden die Tage wieder länger?
Deshalb treffen bestimmte adventliche und weihnachtliche Bibelstellen bei mir einen Nerv: „Das Volk, das im Dunkel lebt, / sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, / strahlt ein Licht auf.“ (Jesaja 9,1) „Und das Licht leuchtet in der Finsternis / und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Johannes 1,5) Die Sehnsucht, die in der Lichtmetapher dieser Bibelverse zu Tage tritt, kann geradezu körperlich empfunden werden – als eine Form von Lichthunger.
Ich bewundere immer wieder, dass sich Menschen Stirnlampen aufsetzen und Warnwesten anziehen, um sich zum Beispiel in der abendlichen bzw. morgendlichen Dunkelheit sportlich zu betätigen. Ich kann das nicht, denn mir fehlt das Sonnenlicht als Motivator.
Der Lichthunger hat aber auch eine positive Seite: Kommt an einem Sonntagmorgen die Sonne hervor oder bricht die Wolkendecke während eines Feiertagsspaziergangs auf, dann verspüre ich Dankbarkeit – viel mehr als an einem Sommertag, an dem ich das Licht inflationär habe.
Es ist wie beim Fasten: Der Mangel schärft die Sinne. Deshalb ist das Erleben des Lichts dann umso intensiver. Das spüre ich auch, wenn die Tage endlich wieder länger werden.
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