BRIEF_KASTEN
Fast ist sie vorbei – die Zeit nämlich, in der man die Ernte einbringt. Eine andere Zeit steht an: die Verarbeitung all der kostbaren Ernte-Schätze. Aus dem Weizen muss Mehl gemahlen, an die Bäckereien geliefert werden. Das Gemüse wird eingeweckt oder an die verarbeitenden Betriebe geliefert. Was zu viel war, wird vielleicht verschenkt.
Manches verbleibt noch in den Lagerräumen – als Reserve oder weil man eben nicht alles auf einmal verarbeiten kann. Irgendwann muss es auch von dort heraus, sonst verdirbt es. Bei Lebensmitteln ist das völlig klar: Immer nur ernten, das geht nicht. Schon die Lagerkapazitäten würden nicht reichen.
Es gibt ein anderes Ernten. Es betrifft das Wissen und die Erfahrungen, die man sammelt. Man sieht, hört und liest viel im Lauf des Lebens. Er ist ein gebildeter Mensch, sagt man von einem, der diesbezüglich viel angesammelt hat, man bewundert ihn vielleicht sogar.
Es kann sich trotzdem um einen ziemlich dummen Menschen handeln: um einen nämlich, der auf die Verarbeitung seiner Wissens-Ernte vergessen hat. Er hat nie eine Konsequenz gezogen, hat einfach wie immer weitergelebt. Vielleicht wäre es ihm bloß zu mühsam gewesen. Sein Wissen hat ihn nicht verändert. Die Ernte seines Lebens – hat er verrotten lassen.
Das ist ein großes Problem unserer Welt: Die Wissens- und Erfahrungs-Scheunen sind gut gefüllt. Doch man macht wenig daraus, vergisst, Konsequenzen zu ziehen. So krankt sie dahin und die Ernte verdirbt.
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