BRIEF_KASTEN
Noch tragischer – so das Empfinden damals als Mathematikschüler – ist das Schicksal der „Asymptote“ – jener Geraden, die sich einer ins Unendliche verlaufenden Kurve immer mehr nähert, ohne sie je zu erreichen. Doch nicht von Mathematik, vom Leben soll hier die Rede sein. Mit ihren Sehnsüchten – ihrem innersten Wollen und Begehren – gehen Menschen bisweilen nach Art von Parallelen und Asymptoten um. Ein Leben lang haben sie diese in der Nähe. Doch berühren lassen sie sich davon nicht. Wie wäre es, wenn man es wagte, der Sehnsucht zu folgen – als Leitspur des Lebens? Was hilft die Sehnsucht nach einer heilen Welt, wenn man sie dann im Müll der modernen Lebensweisen erstickt? Was hilft die Sehnsucht nach glücklicher Beziehung, wenn man diese dann angesichts vermeintlicher Verpflichtungen immer hintanstellt? Was hilft die Sehnsucht nach Frieden, wenn man sich aus allem heraushält? Die Sehnsucht hat Gott den Menschen ins Herz gelegt als ein beständiges Ahnen vom Paradies. Wer sie nicht bloß als Pannenstreifen für Zwischenfälle sieht, sondern ihr als Hauptspur des Lebens folgt, wird leben. Das ist die Verheißung. Jetzt gilt es, sich berühren zu lassen – nicht in unendlicher Ferne.
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