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Es wäre interessant, wenn man bei heiklen Themen zu einer Art „Blindverkostung“ greifen würde, wenn man also – wie man es beim Wein macht – das Etikett mit Herkunft und Hersteller nicht sehen kann, sondern ausschließlich zu beurteilen hätte, wie gut man die Ware findet! Da würde sich zeigen, ob der Wein wirklich „ehrlich“ ist.
Möglicherweise würde dann in den Buchläden mancher „Bestseller“ liegen bleiben, weil ein Autor oder eine Autorin zwar einmal einen ganz tollen Roman geschrieben hat, aber dann doch nicht mehr dieselbe Sorgfalt für ein weiteres Werk aufbringen konnte. Von berühmten Leuten wird eben nur noch Gutes erwartet, und das in rascher Abfolge. Ein unbekannter Name hat es schwer, es bis an die Registrierkassen der Buchläden zu schaffen.
Auch eine Art „politische Blindverkostung“ hätte ihren Reiz – wenn also Gesetzesanträge oder andere Vorschläge anonym einzureichen wären, man also ausschließlich den Inhalt selbst zu bewerten hätte. Ob er „von den Unseren“ oder eben „von den Anderen“ kommt, könnte dann keine Rolle spielen. Es fiele möglicherweise gar nicht so leicht, dies zu bewerten, und so manches Parteisekretariat würde ins Schwitzen geraten. Qualität also statt Parteidisziplin!
Solche Blindverkostungen sind natürlich nicht möglich. Dazu ist unsere Welt viel zu indiskret. Vorstellbar wären sie schon. Was da alles anders wäre! Da würde dann nicht mehr ein Erfolg für alle Zeiten reichen, und andererseits: Manches Unscheinbare käme ein bisschen besser ans Licht.
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