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Konflikte gibt es im Alltag immer wieder – in Ehe und Partnerschaft, am Arbeitsplatz, unter Freund:innen oder Nachbar:innen. Sich über andere und das, was sie tun, zu ärgern ist in Ordnung, so lange man sich damit nicht das eigene Leben vermiest, sagt Vortragsrednerin, Autorin und Coach Sabine Asgodom: „Die ersten 15 Sekunden Ärger sind Reflex, danach entscheiden wir uns, ob und wieviel wir uns ärgern.“
Für viele typische Konfliktsituationen im Alltag gibt es kreative Strategien, um damit umzugehen. Eine davon ist die Kieselstein-Strategie, erklärt Asgodom: „Am Anfang ist der Ärger ein Kieselstein. Wird das Problem nicht angesprochen, wird daraus irgendwann ein Felsbrocken, der zwischen uns und den anderen steht.
Deshalb ist es besser, Menschen sofort, offen und freundlich auf die Dinge anzusprechen, die einen stören.“ Ist der Nachbar ein „Kotzbrocken“, hat aber schöne Geranien im Garten stehen, könne man es zum Beispiel mit offensiver Freundlichkeit versuchen: „Schicken Sie doch einfach einmal Ihre Kinder mit einem Stück Kuchen zu Ihrem Nachbarn oder machen Sie ihm ein Kompliment zu seinen schönen Geranien. Fragen Sie ihn, wie er das hinbekommt.“ Eine Charme-Offensive wie diese wirke zwar nicht immer, aber oft.
Viel Konfliktpotenzial gibt es im Straßenverkehr. Es drängelt sich einer vor, man ist selbst zu spät dran und ärgert sich über die langsamen Verkehrsteilnehmer:innen vor einem. Asgodom hat auch dafür einen Tipp: „Fahren Sie einmal fünf oder zehn Minuten früher los. Winken Sie andere Autos freundlich aus der Seitenstraße, warten Sie geduldig hinter einparkenden Autos, lassen sie Fußgänger großzügig beim Abbiegen die Straße überqueren. Durch diese Freundlichkeiten verlieren sie höchstens ein paar Minuten und kommen dann fröhlich ins Büro.“
Vor allem im Familienverband oder am Arbeitsplatz entstehen Reibungen, wenn unterschiedliche Persönlichkeiten regelmäßig aufeinandertreffen. Anstatt sich über das Gegenüber ständig zu ärgern, solle man nach seinen positiven Eigenschaften suchen, sagt Asgodom: „Das nennt sich die Ja-aber-Methode: Ja, meine Schwiegermutter nervt mich, aber sie ist jederzeit bereit, unsere Kinder zu hüten. Oder ja, der Mitarbeiter überschlägt sich nicht beim Arbeiten, aber was er tut, macht er sorgfältig.“ Das aktive Suchen nach positiven Eigenschaften eröffnet eine neue Perspektive auf die jeweilige Person und lässt uns wohlwollender auf diese blicken.
Einen besonderen „Zaubersatz“ hat Asgodom unter anderem für Paare parat: Die Mir-zuliebe-Bitte. Diese kann (unter sparsamem Einsatz) zum Beispiel verwendet werden, wenn der Partner oder die Partnerin es mit dem Ordnunghalten nicht so genau nimmt: „Kannst du bitte mir zuliebe aufräumen? Diese einfache Bitte löst die meisten Probleme dieser Art, und der oder die Angesprochene wird nicht in die Schuldigenecke gedrängt“, sagt Asgodom.
Die Basis für ein konfliktfreies Zusammenleben sei laut Sabine Asgodom eine „Grundvereinbarung des Anders-sein-Dürfens“. Ob der Kollege nie grüßt, sich die Autofahrerin vordrängelt oder der Ehemann seine Kleidung überall herumliegen lässt: „Niemand tut etwas ohne Grund. Deshalb darf man nicht alles als Angriff sehen. Das Leben ist zu kurz für Feinde. Wenn jemand etwas anders macht als wir, dann meist nicht, um uns zu ärgern. Oder, wie der Schauspieler Robin Williams einmal sagte: Jeder Mensch kämpft einen Kampf, von dem wir nichts wissen. Deshalb sei nett. Immer.“
Sabine Asgodom, Der kleine Konflikt-Lösungs-Coach. Kösel Verlag, München 2015, € 8,99
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