Wort zum Sonntag
Der Tag, als der Blitz in seine Welt einschlägt, teilt das Leben von Gerhard Hackl in zwei Teile, in das Davor und das Danach. Mit Mitte 40 passiert die schicksalhafte Wende, durch einen Schlaganfall, den der Priester beim Saunieren erleidet. Für kurze Zeit ist er halbseitig gelähmt und kann nicht mehr sprechen.
Er kämpft sich wieder ins Leben zurück, in die Normalität. Einen Reha-Aufenthalt, den ihm seine Ärzte nahelegen, lehnt er aber ab. „Lieber wollte ich 100 Bergtouren machen in dem Jahr nach dem Schlaganfall. Ich habe mir damals fest vorgenommen, weniger zu arbeiten und mehr in der Natur zu sein“, erzählt Gerhard Hackl, während er in zügigem Tempo auf den Tamberg steigt, seinen Hausberg.
20 Jahre ist das mit dem Schlaganfall her, kurz danach wechselte er als Pfarrer von Weichstetten ins Stodertal. Aus den 100 Bergtouren sind über die Jahrzehnte viele 1.000 geworden, sieben Millionen Höhenmeter hat er seither gesammelt, das sind im Schnitt 960 täglich.
Selbst im Winter, wenn er die Wanderschuhe gegen Schneeschuhe tauscht, macht er keine Pause. Meistens ist er in der nahe gelegenen Bergwelt rund um das Stodertal unterwegs, besteigt das Warscheneck, die Wilde und besonders häufig den Tamberg. „Heute ist die 5.815. Besteigung meines Hausberges“, sagt er bei der gemeinsamen Wanderung mit der Kirchenzeitung. Denn über seine Touren führt er genau Protokoll. Unten beim Einstieg zum Tamberggipfel haben ihm Freunde ein Schild angebracht: „Pfarrer-Weg“ steht drauf, eine Ehrbekundung für den Bergfex. Nach 600 Höhenmetern und einer guten Stunde Gehzeit am Gipfel angekommen, berührt er das Kreuz und betet ein Vaterunser.
„Das Bergsteigen ist für mich eine Form der Meditation und des Gebets“, sagt er. „Näher, mein Gott, zu dir“ ist dabei sein Leitsatz.
Häufig wird er gefragt, ob das nicht fad werde, so oft auf den gleichen Berg zu gehen. „Es ist jedes Mal anders, jedes Mal schön“, sagt er darauf nur. Das Licht, die Farben, die Vegetation, es ist nie komplett gleich. Dass sein Leben mit den Bergen mitunter kritisch gesehen wird, nimmt der Pfarrer von Vorderstoder und Hinterstoder gelassen. „Ich weiß, dass es mir guttut.“
Das wirke sich auch positiv auf seine Arbeit aus. „Oft kommen mir die Gedanken zur nächsten Sonntagspredigt beim Bergsteigen, ohne dass ich mir das extra vornehmen muss. Außerdem bin ich nach den Bergtouren meistens aufmerksamer und wacher als zuvor.“
Lust aufs Bergsteigen gemacht hat in jungen Jahren ein gemeinsames Wochenende am Großen Priel. Die Gemeinschaft hat ihn also zu den Bergen gebracht, könnte man sagen. Mittlerweile ist er lieber allein unterwegs. „Ich war früher eher ein geselliger Mensch. Das hat sich durch den Schlaganfall geändert“, erzählt Gerhard Hackl.
Für ihn gibt es eine Bibelstelle, die dazu passt und mit der er sich voll identifizieren kann. Es ist jene im Johannesevangelium, wenn es nach der Brotvermehrung über Jesus heißt: „Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.“
Trotzdem bringen ihn gerade die Bergtouren in Kontakt zu Menschen aus seinen beiden Pfarren. „Da sind sicher viele dabei, denen ich sonst in der Kirche kaum begegnen würde. Einige gehen auch extra auf den Tamberg, weil sie mich treffen wollen.“ Manchmal wird es tiefgründig, etwa wenn ihm Wanderer Totenbilder ihrer verstorbenen Angehörigen geben und ein Trauergespräch am Berg daraus wird.
Die Zeiten, als er seine persönlichen Rekorde aufstellte mit sieben Tambergbesteigungen an einem Tag, sind für den 65-Jährigen vorbei. „Das glauben mir manche nicht, aber ich höre auf meinen Körper“, sagt Pfarrer Hackl. Das heißt für ihn auch einmal nicht zu gehen, wenn er krank ist.
Danach spürt er ihn umso mehr, diesen Zug zum Berg. „Für mich ist das ein Geschenk, das alles ist nicht selbstverständlich und macht mich sehr dankbar.“
Wort zum Sonntag
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