Mit acht Jahren ist Hermann Geisberger das erste Mal an der Orgel in der Pfarrkirche Hochburg (Bezirk Braunau) gesessen. 1955 war das, in dem Jahr, als die Besatzungsmächte Österreich verließen. Seine musikalische Laufbahn war stark mit dem beruflichen Werdegang des Vaters verknüpft, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs an der Lungenkrankheit Tuberkulose erkrankte. „Er musste deshalb seinen Beruf als Tischler aufgeben und hat die Stelle als Schreiber und Mesner in der Pfarre angetreten“, sagt Hermann Geisberger. Als dann ein Organist gebraucht wurde, kam der Sohn ins Spiel: „Mein Vater hat für mich beschlossen, dass ich das machen soll“, erzählt der heute 78-Jährige im Gespräch mit der Kirchenzeitung. Bei dem Orden der „Englischen Fräulein“ im benachbarten Burghausen in Bayern bekam der Volksschüler Unterricht für das Orgelspiel. „Zu Beginn bin ich mit meiner Mutter nach Burghausen geradelt, bald dann aber schon allein“, erinnert er sich.
Das erste Stück, das er gelernt hat, war „Stille Nacht“. Das weltberühmte Weihnachtslied hat Franz Xaver Gruber komponiert, der in Hochburg auf die Welt kam und damit praktisch einer der Vorgänger von Hermann Geisberger an der Pfarrkirchen-Orgel war. Bereits 1956, da war er noch nicht einmal zehn, hat Hermann Geisberger eine volle Messe an der Orgel gespielt, etwa ein Jahr bevor der den offiziellen Organistendienst übernommen hat. Pro Tag gab es zwei Messen, die erste begann bereits um 6 Uhr in der Früh, danach ging es direkt von der Kirche in die Schule. „Das Ganze hat sich dann weitergezogen und der Pfarrer und der Schuldirektor haben entschieden, dass ich nach der Schule im Ort bleiben muss, weil ich in der Kirche gebraucht werde.“ Bei der Wahl der Lehrstelle setzte Hermann Geisberger jedoch seinen Willen durch. „Mein Vater wollte, dass ich Tischler werde, ich habe aber bei einem Automechaniker angefangen.“ Das hohe Arbeitspensum sollte sich damit noch steigern. „Manchmal bin ich um 9 Uhr noch unter dem Auto gelegen und habe um 9 Uhr 30 bei einer Beerdigung gespielt.“ Im Alter von 16 Jahren übernahm er die Leitung des Kirchenchors Hochburg und begann das Orgelstudium am Mozarteum in Salzburg, parallel zur Lehre. „Ich hab die Pflichtstunden bei der Instrumentenausbildung auf einen Tag in der Woche geschoben, wo ich mir dann von der Lehre Urlaub genommen habe.“ Nach zwei Jahren schloss er das Studium ab und legte bald darauf die Meisterprüfung als Mechaniker ab.
Den Organistendienst gab er auch dann nicht ab, als er als junger Erwachsener für ein paar Jahre bei BMW in München arbeitete, später eine Familie gründete und ein Haus baute. „Teilweise war das damals schon eine Überforderung. In meinen jungen Jahren hatte ich Magengeschwüre.“
Bei seinen drei Kindern wollte es der verheiratete Familienvater deshalb anders machen, wie er erzählt: „Sie haben zwar alle eine musikalische Grundausbildung, aber ich habe auf sie nicht diesen Druck ausgeübt wie mein Vater.“
Er selbst, der später auf HTL-Lehrer umsattelte, schaffte es jedenfalls, durchzuhalten und die Leidenschaft zur Musik bis heute nicht zu verlieren. Im Gegenteil: „Ich dirigiere ab und zu noch den Kirchenchor, und da merke ich manchmal, wie sich diese Energie überträgt und die positive Stimmung spürbar ist. Das kann man nicht messen, aber es ist da“, sagt er. Sein großer Einsatz für den Chor und die Orgel hat auch dazu geführt, dass er an prominenten Plätzen die Orgel spielen durfte, wie etwa im Brucknerhaus in Linz und im Petersdom in Rom. Die hohe Qualität war ihm dabei stets ein Anliegen. „Ich denke, wir waren und sind in Hochburg musikalisch immer gut aufgestellt“, sagt Geisberger.
Die Leitung des Organistendienstes und des Chores hat er vor Jahren in jüngere Hände übergeben. „Meine Arbeit ist jetzt, an zweiter Stelle alle Dienste zu machen, die nach der Reihe anfallen, also bei den Begräbnissen Orgel zu spielen und ab und zu den Chor zu leiten. Außerdem singe ich noch Bass im Chor und verwalte die Chorkasse.“ Fad wird ihm also nicht, und: „Ich hab jetzt auch nicht vor, aufzuhören.“
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