Wort zum Sonntag
So finden wir auch in der Apostelgeschichte keine Chronologie der ersten Jahre nach der Auferstehung Jesu. Vielmehr schreibt Lukas seinen Christinnen und Christen etwas ins Stammbuch, das bis heute fasziniert – und bei dem es wert ist, genauer hinzusehen und daraus etwas für heute zu lernen. In diesem Sinne will ich „die Mitte“ der Apostelgeschichte, nämlich Kapitel 15, genauer lesen. Wer darf Christ werden?
In Apg 15 wird das Kernthema der jungen Kirche angesprochen, nämlich wie man es mit den Heiden hält. Offensichtlich hat sich in Antiochia unter der Einwirkung des Geistes etwas „Ungeheuerliches“ ereignet. Einige Kapitel vorher wird schon ausführlich erzählt, wie Gott selbst Petrus erkennen lässt, dass auch Heiden berufen sind – und zwar ohne zuerst Juden zu werden. In Antiochia dürfte das inzwischen selbstverständlich sein.
Und so nehmen Heiden (also Nichtjuden) am Herrenmahl teil und leben in der Gemeinde mit. In der Zentrale, damals Jerusalem, tut man sich mit diesem Schritt schwer.
Jene, die Anstoß nehmen, gehen auf die anderen direkt zu und sprechen das Problem an. Die Gemeinde von Antiochia gibt aber deswegen nicht klein bei, sondern stimmt sich intern gut ab und schaut, wer sie in ihrer (Not-)Situation stärken kann. Sie suchen Unterstützung und nehmen sie auch an. Die dadurch erlebte Freude gibt Kraft.
Bei der Ankunft in Jerusalem gibt es keine Schelte. Vielmehr wird Bereitschaft zum Dialog bekundet und die Gesandtschaft wird wertgeschätzt. Sie kann zuerst ihre eigene Meinung äußern. Erst anschließend wird sie mit der Gegenposition konfrontiert.
Am Ende der Auseinandersetzung werden jene Punkte gesucht, wo beide Parteiungen übereinstimmen, und diese Übereinstimmung wird auch ausdrücklich begründet. Das Gemeinsame wird damit in den Mittelpunkt gestellt. Maßgeblich für diese gelungene Kommunikation ist Petrus. Lediglich Jakobus kann da nicht ganz mit und begründet aus seiner Sicht noch einmal zunächst die Übereinstimmungen, um dann ein paar Erwartungen vorzuschlagen, die alles andere als eine unüberwindbare Hürde sind, damit auch er die Entscheidungen gut mittragen kann.
Nach einer internen Abstimmung wird das Ergebnis festgehalten und dann sowohl schriftlich als auch zusätzlich noch mündlich mitgeteilt. Das Ganze klingt zunächst ein wenig wie ein Schuldeingeständnis vonseiten der Jerusalemer: „Wir haben gehört …“ Schließlich wird aber festgehalten: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen …“
Was zunächst als Zwist begonnen hat, endet in Wohlgefallen: „Sie sprachen den Schwestern und Brüdern Mut zu und stärkten sie. Nach einiger Zeit wurden sie von den Schwestern und Brüdern in Frieden wieder zu denen entlassen, die sie abgesandt hatten.“ (Apg 15,32–33)
Wohlgemerkt: Diese Erzählung ist den Christinnen und Christen in ihre Ur-Kunde geschrieben – und darf bei jedem Konflikt unzensuriert von beiden Seiten in Apg 15 gelesen – und beherzigt – werden …
Impulse für die Kirche von heute – Teil 3
Franz Kogler leitet seit 30 Jahren das Bibelwerk der Diözese Linz;
www.bibelwerklinz.at
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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