Dietmar Steinmair ist Geschäftsführer des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg und Teamleiter im Pastoralamt der Diözese Feldkirch.
Auf ein einzelnes Notizblatt steht mit Datum 10. Juni 1812 geschrieben, dass John Newman in den Griechisch-Unterricht gehe. Ganz unten auf diesem Blatt steht „und jetzt ein Kardinal, 2. März 1884.“ Rückblickend kann man ergänzen: am 9. September 2010 seliggesprochen, am 13. Oktober 2019 heiliggesprochen – und nun, mit 1. November 2025: Lehrer der Kirche, „doctor ecclesiae“.
Am 21. Februar 1801 wird John Henry Newman in einer bürgerlichen Familie in London geboren. 1816 kommt er nach Oxford an das traditionsreiche „Trinity College“. Hier erfährt er seine erste Bekehrung, die ihn ein Leben lang tragen wird: „myself and my creator / ich und mein Schöpfer“. Noch zwei andere Orientierungen prägen ihn: „Heiligkeit geht vor dem Frieden“ und „Wachstum ist der einzige Beweis des Lebens“.
In Oxford wird er 1822 Mitglied des „Oriel College“. Elf Jahre später, mit 31 Jahren, tritt er mit Kollegen in der „Oxford-Bewegung“ für eine an der frühen Kirche orientierte Reform der anglikanischen Staatskirche ein. Auf dem Höhepunkt seines Einflusses als Anglikaner nimmt sein Leben einen unerwarteten Verlauf. Er sieht die römisch-katholische Kirche nicht mehr als die „anti-christliche“ Institution. Und merkt, dass er seine Aufgaben in der anglikanischen Kirche nicht mehr ehrlich erfüllen kann. Daher legt er alle Ämter nieder und zieht sich 1843 in ein kleines Dorf bei Oxford zurück, auf eigenes Risiko.
Zwei Jahre lang sucht er im Gewissen vor Gott nach dem Weg. Mit seinem Buch über die Entwicklung der Lehre wird der Weg frei: Am 9. Oktober 1845 wird er vom Passionistenpater Domenico Barberi in die römisch-katholische Kirche aufgenommen. Damit verliert er alle sozialen Kontakte. Denn das war damals ein absolutes „No-Go“. Er wird nach Rom geschickt und gründet bei seiner Rückkehr das englische Oratorium in der Tradition Philip Neris, heute in Birmingham. Viele Aufgaben als Katholik scheitern, auch am Widerstand der innerkirchlichen Gegner: Er sei eben nur ein „halber Katholik“. Einflussreiche Kreise nennen ihn den gefährlichsten Mann Englands.
Als er 1864 als Musterbeispiel für die Unehrlichkeit des katholischen Klerus öffentlich angegriffen wird, legt er seine Autobiographie vor: „Apologia pro vita sua“ („Verteidigung seines Lebens“). Jetzt ändert sich sein Bild in der englischen Öffentlichkeit. Doch die Konflikte sind nicht zu Ende. Das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit von 1870 hält er für unklug und interpretiert es minimalistisch, von der Priorität des Gewissens her.
Doch es ist ihm ein „goldener Herbst“ geschenkt. Er wird zum Ehrenfellow seines „Trinity College“ ernannt (1877). Leo XIII. ernennt ihn 1879 zum Kardinal. Als er am 11. August 1890 stirbt, ehrt ihn ganz England wie einen Heiligen. In seinen vielfältigen Schriften (Essays, Predigten, Abhandlungen, Romanen, Gedichten, Briefen und Tagebüchern) begegnet uns ein faszinierendes Beispiel christlichen Glaubenszeugnisses, das in Verbindung hält, was auch heute auseinanderzufallen droht. Ich werde mich in dieser Serie unter drei Stichworten seiner faszinierenden Persönlichkeit anzunähern versuchen: Bekehrung, Gewissen, Entwicklung.

Dietmar Steinmair ist Geschäftsführer des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg und Teamleiter im Pastoralamt der Diözese Feldkirch.

Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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