Dr. Mira Stare ist Bibelwissenschaftlerin an der Kath.-Theol. Fakultät Innsbruck und Pfarrkuratorin in der Diözese Innsbruck.
Schnell ein paar Interviewfragen ausfüllen zwischendurch. Geht ruckzuck. Und dann kommt die Hammerfrage: „Was gibt Ihnen Hoffnung?“ Auweh, ertappt im tiefen schwarzen Loch. Wo ich mich doch „Christin“ nenne. Glaube, Hoffnung, Liebe – drei christliche Tugenden, und jetzt kann ich bei Nummer 2 kein Wort schreiben?
Ist Hoffnung Optimismus? Alles wird gut, nur fest daran glauben? Der Markt wird alles regeln – der Optimismus der Kapitalisten. Der Fortschritt wird das Klimaproblem in den Griff kriegen – der Optimismus der Technikfreaks. Gott wird schon alles richten – der Optimismus der religiösen Enthusiasten. Dieser Optimismus ist ein Täuschungsmanöver. Das Ignorieren der Verhältnisse lähmt. Nein, nichts wird gut durch Beschönigung. Tomáš Halík spricht gar von einer „notorischen Banalisierung und Bagatellisierung des Bösen“ durch naive Optimisten.
Aber auch der Pessimismus ist keine Option. Zukunftsangst lähmt ebenso wie der permanente Blick zurück. Halík formuliert es drastisch: „Die Pessimisten sind im Augenblick der Katastrophen nicht das ‚Salz der Erde‘, sondern eher erstarrte ‚Salzsäulen‘, Menschen, die zu nichts zu gebrauchen sind.“ Wir erleben heute, wie Populisten und Extremisten hemmungslos die Endzeit beschwören und sich selbst als „die Wahrheit offenbarende“ Erlösergestalten inszenieren. Quasi: Ich gebe euch Glaube, Hoffnung, Liebe! Alles geht den Bach hinunter, aber ich werde euch retten. Dass diese Gestalten selbst die Krise herbeiführen oder gezielt verstärken, verschweigen sie.
Echte Hoffnung wächst dort, wo Menschen den drängenden Problemen ruhig ins Auge sehen. Auch Tränen, Wut und Trauer dürfen dabei sein. Tränen über das Leiden in der Welt und das Leiden der Unterdrückten. Für den Physiker und Philosophen Carl Friedrich v. Weizsäcker sind Tränen eine Gnade: „Die Träne gibt die falsche Hoffnung auf, wir seien Meister unseres Geschicks. Sie eröffnet den Weg zur wachen Hoffnung auf das, was nicht in unserer Macht steht. Und damit macht sie uns frei zum wirklichen Handeln.“
Weinen, trauern, wütend sein – und dann hinausgehen und die Ärmel hochkrempeln. Jetzt ist die Zeit zu handeln und aufzustehen für Freiheit, Vertrauen und Solidarität mit allen, die guten Willens sind! Wir dürfen hoffen.
Dr. Mira Stare ist Bibelwissenschaftlerin an der Kath.-Theol. Fakultät Innsbruck und Pfarrkuratorin in der Diözese Innsbruck.
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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