
Gender beschreibt die innere Geschlechtsidentität eines Menschen und die gesellschaftlichen Erwartungen, die mit „männlich“, „weiblich“ oder anderen Geschlechterrollen verbunden sind. „Genderideologie“ dient als politischer Kampfbegriff, der die komplexe wissenschaftliche Genderforschung und die Vielfalt heutiger Lebensformen als Bedrohung darstellt. Die Theologin Sigrid Rettenbacher, Hochschullehrerin an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz und an der University of Portland (USA), analysierte in ihrem Vortrag die lehramtliche Ablehnung der „Genderideologie“. „Diese Weigerung, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, führt dazu, dass die Kirche ihren Auftrag verfehlt, an der Seite der Ausgeschlossenen zu stehen“, sagt Rettenbacher. Stattdessen verursache sie Leid für ohnehin marginalisierte Menschen.
In einer „Ökumene des Hasses“ (Rettenbacher) verbündeten sich Gruppierungen, die der Ökumene traditionell kritisch gegenüberstehen. Traditionalistische katholische Kreise kooperieren mit Akteuren aus dem evangelikalen Amerika und dem russisch-orthodoxen Raum und bilden ein komplexes, transnationales Netzwerk. Der „Antigenderismus“ fungiere in diesen Netzwerken als „symbolischer Kleber“. Gemeinsame Feindbilder seien Migrantinnen (insbesondere Musliminnen), Transpersonen, die LGTBIQ-Community und selbstbestimmte Frauen. Diese Netzwerke stellten nicht nur die Freiheitsrechte bestimmter Gruppen infrage, sondern auch demokratische Grundwerte. Zudem seien sie äußerst finanzstark: „Zwischen 2019 und 2023 flossen fast 1,2 Milliarden US-Dollar von Antigender-Akteuren nach Europa“, erläuterte Sigrid Rettenbacher. Der Integralismus, dem unter anderem der US-Vizepräsident JD Vance und der Priester Edmund Waldstein OCist aus Heiligenkreuz nahestehen, strebe eine christliche Theokratie an, in der sich die weltliche der geistlichen Gewalt unterordnen müsse. Solche Entwicklungen normalisierten rechte Ideologien und gefährdeten die Demokratie, warnt die Theologin.
Die Religionswissenschaftlerin Katharina Limacher erklärte, dass die Retraditionalisierung durch katholische Traditionalisten bereits in den 1990er-Jahren begann, als der Vatikan das Thema auf UNO-Konferenzen politisierte. Als Gegenstrategie schlug sie eine „Revolution der Verbundenheit“ vor: eine Utopie, die ein gutes Leben für alle anstrebt. „Eine Brücke zwischen religiösen und nicht religiösen Akteuren“ sei entscheidend für Demokratie und Freiheitsrechte, sagt Limacher.
Die Veranstaltungsreihe „DonnaStage“ beleuchtet Machtstrukturen in Kirche und Gesellschaft. Die Diskussion eröffnete die Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ in Linz.
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Im Rahmen der internationalen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ wird das Recht auf ein gewaltfreies Leben eingefordert. Diese 16 Tage finden zwischen 25. November (Internationaler Tag gegen Gewalt gegen Frauen) und 10. Dezember (Internationaler Tag der Menschenrechte) statt. Zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen sind geplant, beispielsweise ein „Poetry Slam gegen Gewalt gegen Frauen“ (3. 12., 19:30 Uhr, Tribüne Linz Theater am Südbahnhofmarkt), eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Eigentor. Strukturelle Gewalt im Frauensport“ (4. 12., 18 Uhr, Wissensturm Linz) oder auch eine Führung durch die Ausstellung „Frauen*Zimmerschießen“ (5. 12., 15:50 Uhr, Ausstellungsraum splace am Hauptplatz Linz). Mit einem Lichtermeer wird im Innenhof des Alten Rathauses der Femizid- und Gewaltopfer von 2025 gedacht (Installation zu sehen bis 10. 12.), und so wie letztes Jahr veranstaltet das Bündnis 8. März eine Kundgebung auf der Nibelungenbrücke, die ebenfalls den vielen Frauenmorden gewidmet ist.
Weitere Termine und Infos: www.linztermine.at

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