
Benjamin Bildstein, Sie haben sich entschieden, Geld bei Oikocredit anzulegen, wo man weniger Zinsen bekommt als bei anderen Instituten. Wieso macht man so etwas?
Benjamin Bildstein: Ich möchte die Gesellschaft mitgestalten und auch anderen ermöglichen, selbst etwas zu gestalten. Es ist sinnvoll, sich Gedanken zu machen, wo man investiert. Man kann das Geld ja auch aufteilen, muss nicht alles auf eine Karte setzen.
Wie haben Sie Oikocredit überhaupt kennengelernt?
Bildstein: Mein Vater war schon bei Oikocredit aktiv. Ich habe zunächst Anteile geschenkt bekommen und gesehen, dass das eine gute Sache ist. Dazu kam dann, dass ich als Spitzensportler viel gereist bin und in anderen Teilen der Welt Armut gesehen habe, die mir nahegegangen ist. In Uruguay habe ich 2007 als 14-Jähriger beobachtet, dass manche Menschen mit Pferd und Wagen unterwegs waren und andere daneben mit dem SUV. So eine große Spaltung kannte ich aus Österreich nicht. Der Kontrast hat mich zum Nachdenken gebracht.
Oikocredit vergibt mit dem Geld der Anleger:innen Kredite an Kleinstunternehmer:innen in Ländern des Südens. Haben Sie ein Lieblingsprojekt, dessen Werden Sie verfolgen?
Bildstein: Ein konkretes Projekt nicht. Aber es gibt zwei Themen, die mich bewegen: Einerseits, dass Menschen die Chance bekommen, aus der Armut in die Mittelschicht zu kommen. Als Sportler bin ich davon überzeugt, dass man sich im Leben etwas erarbeiten kann, wenn man will. Dafür braucht es aber auch Rahmenbedingungen, und diese ermöglicht Oikocredit.
Das zweite Thema, das mir sehr wichtig ist, ist der Einsatz gegen Umweltverschmutzung. 2016 habe ich mich in Rio de Janeiro auf die Olympischen Spiele vorbereitet. Da war so viel Dreck im Wasser, dass wir nicht mehr richtig segeln konnten, weil sich immer wieder Müll im Schwert und in den Rudern unseres Bootes verfangen hat. Außerdem war das Wasser wirklich ekelhaft. Ähnliches habe ich später in Buenos Aires erlebt. Nachhaltige Unternehmen, die die Umwelt nicht verschmutzen, sind mir also ein großes Anliegen.
Verfolgen Sie einzelne Projekte genauer? Oikocredit ermöglicht das ja.
Bildstein: Nein. Ich weiß, dass sie gut arbeiten und habe Vertrauen, dass die Projekte passen, an die Kredite vergeben werden. Ich weiß, dass mein Geld dort Gutes ermöglicht. So muss ich mir keine Sorgen um die Wirkung meiner Geldanlage machen und kann mich auf meinen Sport konzentrieren.
Welche Einstellung zu Geld haben Sie und wie ist das entstanden?
Bildstein: Meine Lebenserfahrung als Sportler ist, dass man nichts einfach so bekommt. Man muss sich alles im Leben erarbeiten, etwas dafür leisten. Mit meinem Geld gehe ich eher sparsam um und will kein großes Risiko eingehen. Ich will mir aber auch nicht allzu viele Gedanken darüber machen. Ich bin nicht auf den großen Gewinn aus. Oikocredit kümmert sich auf eine Weise um das Geld, wie es meinen Werten entspricht. Das hält mir den Kopf frei.
Als Profi-Segler hatten Sie immer wieder Rückschläge durch Verletzungen zu verkraften. Wie sind Sie damit umgegangen, und was raten Sie anderen, die in einer Sackgasse stecken?
Bildstein: Ja, es ist nicht immer alles glatt gelaufen. Aber was auch immer ich mache, möchte ich so gut wie möglich machen. Ich hänge mich ganz in eine Sache hinein. Das braucht volle Energie und Konzentration. Das betrifft andere Projekte ebenso wie den Spitzensport. Manchmal muss man mutig sein und neue Schritte setzen. Die Erfolge sieht man erst im Nachhinein. Die jahrelange Arbeit, die dahinter steht, übersieht man oft. Der Erfolg kommt aber nicht von heute auf morgen. Es braucht Leidenschaft und Feuer, und dass man dranbleibt. Wenn es einmal nicht so gut läuft und die Dinge schwer von der Hand gehen, sollte man nicht zu viel darüber grübeln. Im Gegenteil: Es hilft, in jeden Tag mit einer Sache zu starten, die einem guttut. Das kann einmal Bewegung sein, oder auch ein ToDo abzuarbeiten. Es ist einfach wichtig, ins Tun zu kommen.
Danke für das Gespräch!
Segelsportler Benjamin Bildstein und Vorschoter David Hussl
repräsentierten Österreich bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 und Paris 2024.
Weiters gewannen sie den Gesamtweltcup, führten die Weltrangliste an und erreichten Medaillen bei WMs und EMs in der Bootsklasse 49er.
Bildstein segelt aktuell ein spektakuläres fliegendes Boot der Klasse „Switch“ und ist auf Yachten als Taktiker, Großsegeltrimmer und Steuermann im Einsatz. Außerdem gibt er als angehender staatlicher Trainer sein Können und Wissen an ambitionierte Nachwuchssegler oder erfahrene Regattasegler weiter.
Vor 50 Jahren wurde Oikocredit vom Weltkirchenrat gegründet. Vor 35 Jahren kam die Genossenschaft nach Österreich.
Oikocredit ermöglicht es, Geld so anzulegen, dass es im Globalen Süden für Mikrokredite vergeben werden kann. Also Kleinstunternehmer:innen zur Verfügung steht, die ohne diese Chance kaum Geld investieren könnten. „Wir stabilisieren die Basis der Gesellschaft“, sagt Aglaë Hagg-Thun, Vorstandsvorsitzende des österreichischen Oikocredit-Förderkreises: „Kriege gibt es schon genug.“
www.oikocredit.org
Zum 2. Foto: Gemeinsam mit David Hussl gewann Benjamin Bildstein (rechts) beim Weltcup in Japan 2019 die Silbermedaille in der olympischen Bootsklasse 49er. Erst dieses Jahr beendeten die beiden Segler ihre Karriere im Profisport. Seit 2012 hatten sie zahlreiche internationale Erfolge erzielt. Bildstein

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