Wort zum Sonntag
Eine der schönsten Geschichten im Neuen Testament ist die Emmauserzählung des Lukas-Evangeliums (24,13–35): Der Auferstandene geht unerkannt mit zwei Jüngern und offenbart sich ihnen beim Brotbrechen. Heute erheben mehrere Orte den Anspruch, das historische Emmaus zu sein. Im Lukas-Evangelium steht darüber nur, dass es sechzig Stadien (11,5 Kilometer) von Jerusalem entfernt sei. Es ist jedoch auffallend, dass die orientalischen Zeugen, wie der Codex Sinaiticus, der heilige Hieronymus, der Kirchenhistoriker Eusebius und der Theologe Origenes von hundertsechzig Stadien (knapp 31 Kilometer) sprechen. Und das ist Emmaus-Nicopolis als älteste Ortstradition.
Zur Zeit Jesu war der Ort ein unbedeutendes Dorf. Doch im dritten Jahrhundert bat der Stadtpräfekt Julius Africanus den Kaiser Elagabalus um Erlaubnis, die Siedlung nach römischem Muster wieder aufbauen zu dürfen. Von nun an sollte Emmaus den neuen Beinamen Nicopolis (Siegesstadt) erhalten. Der Kaiser meinte damit den Sieg der Römer über die jüdischen Aufstände. Die christliche Version sieht darin den Sieg des Christentums über das Heidentum.
Die Stätte war dann jahrhundertelang verschollen. Erst im Jahre 1878 wurde sie neu entdeckt. In den 1920er Jahren begann die École Biblique von Jerusalem in Nicopolis mit den ersten Ausgrabungen. Nach einem weiteren Dornröschenschlaf startete 1993 das Biblische Institut der Franziskaner erneut Untersuchungen. Eine römische Grabanlage aus dem zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus kam zum Vorschein. Der Eingang war mit einem Stein, ähnlich einem Flaschenkorken, verschlossen. In der Anlage fanden die Ausgräber vier Gebeinkästen (Ossuarien) aus der Zeit 60 vor Christus bis 70 nach Christus – und in den Kästen Öllampen mit dem Christusmonogramm.
Ein nicht kirchliches Gebäude nannten die Archäologen spontan die „Wasser-Villa“, da ein römischer Kanal das Wasser in drei steinerne Becken leitete. Ein Mosaik im Bereich der byzantinischen Basilika mit der Inschrift „Kyrie eleison“ zeigt eine überfließende Quelle, aus der Tiere trinken. Das Mosaik steht möglicherweise in Zusammenhang mit einer Tradition aus dem fünften Jahrhundert, nach der sich Jesus einmal während seines öffentlichen Wirkens in der Quelle von Emmaus seine Füße gewaschen haben soll. Daraufhin sei sie heilkräftig geworden für Menschen und Tiere.
Unter der byzantinischen Kirche der Stadt tauchten Mauerreste eines früheren Gebäudes aus der römischen Zeit auf. Die Anlage erinnert daran, dass sich frühe Christen vornehmlich an solchen Stätten versammelten, an denen Jesus gelehrt oder ein Wunder gewirkt hatte. In Emmaus gab er sich ja seinen Jüngern beim Brotbrechen zu erkennen. Die Christen nannten den Ort „domus ecclesiae“ – „Hauskirche“. Die Basilika wurde später darübergebaut.
Heute ist durch die Heilig-Land-Pilger Emmaus-Nicopolis zu neuem Leben erwacht. Viele wandern im Park auf der „römischen Straße“ ein Stück des Weges. Sie erreichen die biblische Stätte und feiern dort Gottesdienst mit dem Auferstandenen. Die Vergangenheit wird so in die Gegenwart hereingeholt.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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