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Jüngst wurde ich mit dem Wort „Säumnisbeschwerde“ konfrontiert. Diese können Bürgerinnen und Bürger einlegen, wenn eine Behörde eine Entscheidung nicht rechtzeitig trifft. Das ist nicht erfreulich, aber immerhin erinnert dieses Rechtsmittel an eine heute selten gewordene Wortbedeutung: Denn „säumen“ meint nicht nur, ein Stück Stoff mit einem Saum zu versehen, sondern auch „sich (zu) lange Zeit zu lassen“ oder „zögern“.
Ein von der Bedeutung her ähnliches Wort ist „trödeln“. Es hat auch eine juristische Bedeutung: Ein Trödler übernimmt eine Sache zum Verkauf an eine dritte Person. Die Bedingung dabei ist, dass er innerhalb einer bestimmten Frist entweder die Sache zurückgibt oder den vereinbarten Verkaufspreis auszahlt. Wenn der Trödler also trödelt, kann das einerseits bedeuten, dass er schlicht seine Aufgabe erfüllt. Andererseits kann es aber auch heißen, dass er sie nicht erfüllt, weil er sich nicht an die Frist hält. Früher nannte man den Trödler in letzterem Sinne „saumselig“. Mit „selig“ hat das aber nichts zu tun, sondern mit „Saumsal“, ein Wort, das der Duden schon begraben hat, indem er es als veraltet führt.
Heute ist öffentlich viel von Jugendsprache die Rede. Alte Wörter sterben dagegen meist einen stillen Tod. Es sei denn, man holt sie nach Gutdünken allenthalben aus dem Souterrain – und sei es nur zum eigenen schalkhaften Pläsier.
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