KOMMENTAR_
Wo steht der Zukunftsprozess im Moment?
Gabriele Eder-Cakl: Anfang Juli haben wir eine Zusammenschau gemacht und die nächsten Schritte besprochen. Die Diözesanleitung hat sich in einer Klausur Gedanken gemacht, wie wir zu einem gemeinsamen Bild von Kirche in Oberösterreich kommen können. Vor allem geht es darum: Wie geht Christsein heute? Wie kann man in das Christsein kommen? Wie und wo zeigt es sich? Ohne ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Vision könnten wir nicht weitergehen. Zurzeit geht es also weniger um konkrete Maßnahmen, die Strukturfragen kommen danach.
Was ist Ihre persönliche „Vision“?
Eder-Cakl: Es ist ein Zeichen unserer Zeit: Menschen stehen sehr unterschiedlich zur Kirche. Sie wünschen sich einerseits das Licht im Pfarrhof, und sie wollen auch lebendige Gemeinschaft erleben. Wir sollen dort sein, wo die Menschen sind – überall, wo sie die wichtigen Fragen ihres Lebens zur Sprache bringen. Sie spüren oft: „Ich habe nicht alles in meiner Hand.“ Meine Vision ist, dass wir dort Kirche sind, wo die Menschen sind. Das ist die große Herausforderung. Ebenso wichtig ist, dass wir uns für eine gerechtere Welt einsetzen und die „Mutter Erde“, von der Papst Franziskus spricht, schützen. Er lebt, was er vom Evangelium verstanden hat. Das ist auch uns aufgetragen.
Es gab die Möglichkeit, Anliegen einzubringen: Welcher Art waren die Eingaben?
Eder-Cakl: Viele benannten ihr „Bauchweh“, sie haben Sorge um die Qualität der Seelsorge. Man möchte eine Seelsorge unter den Bedingungen der heutigen Zeit. Es kamen Anliegen über die Arbeitsplatzbedingungen in der Kirche, Bitten, worauf die Kirchenleitung achten soll. Wir sollten die globale Welt nicht vergessen, die Schöpfungsverantwortung, ebenso den interreligiösen Dialog. Viele motivieren uns, Kirche wirklich weit zu denken. Jemand meinte, neuer Wein brauche neue Fässer. Die Zulassungsbedingungen kamen zur Sprache, auch das Weiheamt für Frauen. „Horcht wirklich hin, wie es etwa den Ehrenamtlichen geht“, wurde oft an uns herangetragen.
Wird also dem „Personal“ selbst große Aufmerksamkeit zu widmen sein?
Eder-Cakl: Auf jeden Fall. Man muss gut atmen können in der Kirche.
Wie will sich Kirche jungen Menschen gegenüber öffnen?
Eder-Cakl: Wir haben zu den 220 Delegierten zum Diözesanforum im November noch 20 Jugendliche und junge Erwachsene als Delegierte eingeladen. Sie kommen aus sehr verschiedenen Bereichen. Nicht nur bei der Jugend, sondern überhaupt: Die ganze Breite der Kirche soll in den Blick genommen werden. Uns allen geht es ja darum, das Christsein weiterzutragen. Jugendliche sind hier Seismografen. Sie zeigen uns, was in der Gesellschaft los ist. Wir wollen auch zusammentragen, was heute schon gut gelingt. Es gibt ja viel: „72-Stunden-ohne-Kompromiss“, die Taizé-Gebete. Wir brauchen einen Perspektivenwechsel, eine Haltungsänderung. Wir wollen zu einer Haltung der Gastfreundschaft kommen. Zuerst hinhören und nicht gleich Bedingungen stellen.
Was steht beim Diözesanforum im Herbst an?
Eder-Cakl: Dort geht es darum, die gemeinsame Vision zu entwickeln und um eine Selbstvergewisserung als Christinnen und Christen. Danach treten wir mit der Öffentlichkeit ins Gespräch.
Was wird in zehn Jahren sein?
Eder-Cakl: Wir werden Formen gefunden haben, wie wir Kirche gut leben können. Wir werden wissen, warum wir uns für das Evangelium einsetzen. Wir werden beten und feiern, einzelne Projekte leuchten schon. Wir werden Freude am Christsein haben – und können wachsen. Ich bin optimistisch. Wir werden mit der Situation gut umgehen.
Ist der Prozess für Sie ein schwieriges, ein aufbauendes Unternehmen?
Eder-Cakl: Natürlich ist die Aufgabe groß, da habe ich schon manchmal Kniewackeln dabei. Aber sie macht mir Freude. Es gibt so viele einzelne Beispiele, die mich ermutigen. Wenn bei Versammlungen Leute auch frustriert sind und ich dann frage: Wo brennt euer Herz?, dann kommen viele Beispiele.
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