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„Wir haben die Pflicht zur Zuversicht“ – so lautete der Titel des Weihnachtsleitartikels von Giovanni di Lorenzo in der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Menschheit sei zur Zuversicht verpflichtet, weil sich „auf der Überzeugung, dass nichts läuft, nichts besser wird, nichts zu verändern ist“, nichts aufbauen lasse.
Selbstverständlich hat di Lorenzo recht: Die Aussage ist logisch und lässt sich durch Fakten untermauern. Leider erklärt aber ein längerer Artikel in derselben Ausgabe der „Zeit“, dass Logik und Fakten allein Menschen oft nicht überzeugen. Dazu brauche es die persönliche Ebene: Gastfreundschaft, Wohlwollen und Neugier. Überzeugungsarbeit sei dem Flirten ähnlicher als dem Streiten.
Da sich gute Journalist:innen irgendwie am Kant’schen Verständnis von Aufklärung orientieren (Sapere aude! – Wage, zu wissen!) und korrekte Fakten das Um und Auf dieses Berufes sind, wird so auch die Grenze des journalistisch Machbaren deutlich: Ein Leitartikel eignet sich kaum zum Flirten.
Deshalb kann ein journalistischer Text nur Anstöße geben. Von der „Pflicht zur Zuversicht“ zu überzeugen, bleibt eine Aufgabe, die nur der Mensch am Menschen leisten kann.
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