KOMMENTAR_
„Siehst du den Engel mit Hammer und Zange?“, fragt die Sitznachbarin, bevor das Konzert in der kleinen Dorfkirche beginnt. Tatsächlich, oben im Bildrahmen – das Gemälde zeigt Jesus am Kreuz – wachen zwei Engel. Der eine mit einer Geißel in der Hand, der andere eben mit Hammer und Zange.
Zweifellos: Es sind die Folterwerkzeuge, mit denen die Schergen Jesus gemartert haben. Die Engel haben ihnen diese Instrumente des Bösen abgenommen. Besonders der rechte, jener mit Hammer und Zange, hat es mir angetan.
Es ist ein großer Unterschied, in wessen Hand sich Werkzeuge befinden. In den Händen der Schergen wirken sie bedrohlich und grausam. Mit ihnen wird gefoltert, getötet sogar. In der Hand eines Engels aber werden dieselben Instrumente zu Werkzeugen der Hoffnung.
Zange und Hammer also: ein Werkzeug zum Lösen und Befreien und ein anderes zum Festmachen von Dingen, die lose geworden sind.
In einem anderen Sinn könnte man sie als Grundfähigkeiten des Menschen betrachten. Die Fähigkeit, zu lösen, was verkorkst und eingerostet erscheint, und andererseits Halt zu geben, wo etwas unverlässlich geworden ist.
Schergen und Engel – sie haben die gleichen Instrumente zur Verfügung. Aber wie unterschiedlich sie doch wirken! Die einen verbreiten Angst damit, die anderen lassen aufatmen und schaffen Halt.
Es kommt wohl auf die Kraft und den Willen tief im Inneren an, ob ich mit allem, was ich bin und habe, dem Beispiel der Schergen oder dem der Engel folgen will.
KOMMENTAR_
DENK_WÜRDIG
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
BRIEF_KASTEN