KOMMENTAR_
Doch eigentlich ist es traurig, wenn jemand von sich sagen muss: Mir fehlt nichts. Nichts und niemand! Ein Leben ohne Erwartung wäre das. Ich hab ja alles – was soll‘s?
Christsein – das ist ein Leben im Bewusstsein eines großen Fehlens. Ich bin nicht ganz. Man muss diese empfindliche Stelle in sich entdecken, sie freilegen. Am ehesten spüren das Menschen in einer Einsamkeit. Es ist ein Spüren des Fehlens eines Anderen, ein Sehnen nach Begegnung.
Der Advent erinnert Christinnen und Christen an ihre Beziehungsgeschichte mit Gott – als Spüren dessen, was nicht ganz ist. Es ist ein schmerzliches Empfinden. Man nenne es Sehnsucht. Der Advent ist nicht eine Feierzeit eigener Vollkommenheit. Es ist eine Erwartungszeit – weil nicht ganz ist, was ganz werden kann. Die heiligen Schriften erzählen von der Erwartung eines ganzen Volkes, vom Fehlen im Menschlichen überhaupt. Gestillt wird diese Erwartung von einem, der diese Sehnsucht kennt, weil er sich ebenfalls selbst nicht genügte. Gott, der seine Sehnsucht in seiner Verbindung mit den Menschen suchte – in einem Ich und Du. Eine Liebesgeschichte! – Liebe wäre tot, wenn es in ihr kein Fehlen mehr gäbe. Doch es ist ein glückseliges Fehlen.
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