Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
Welche Bedeutung hat Musik für die Liturgie und für Menschen ganz allgemein?
Eduard Matscheko: Mir gefällt, was Bischof Maximilian Aichern, der sehr oft bei uns zu Gast war, einmal gesagt hat: „Das Wesen der Musik ist, die Möglichkeit Gottes in der Welt erlebbar zu machen.“ Das ist nicht beschränkt auf klassische Musik, sondern gilt für jede Musik. Bischof Aichern hat das in einem Brief an uns noch weiter ausgeführt: „In der schöpferischen Tätigkeit nehmen die Menschen Anteil am Wirken Gottes, des Schöpfers des Himmels und der Erde. Im Gestalten, im Anhören, im Betrachten, im Erleben der Kunst bekommt der Mensch eine Ahnung von den höchsten Werten. In besonderer Weise trifft das für die Musik zu. Sie stellt Gemeinschaft her und vertieft sie, sie verkündet etwas, das sich in Worten kaum ausdrücken lässt.“
Musik ist Verkündigung – und sie weist auf eine andere Dimension des Menschen hin jenseits von Konsum und Verfügbarkeit: Die Wirksamkeit Gottes ist in jedem Menschen denkbar. Mit der Musik haben wir die Möglichkeit, das anzuzapfen, spürbar, sichtbar zu machen.
Ihnen ist als Dirigent in der Vorbereitung und Probenarbeit besonders wichtig, dass die Musiker:innen, Sänger:innen und die Zuhörenden die Entstehungsgeschichte, die Intention eines Werkes kennen. Warum ist Ihnen das wichtig?
Matscheko: Als Dirigent habe ich die Möglichkeit, mit einer Idee zum Werk die Begeisterung der Mitwirkenden zu wecken. Es entsteht eine Wachheit für Inhalte, die uns unbedingt angehen: Leben, Tod, Schmerz, Liebe, Zusammenleben. Die Musik ermöglicht im aktiven Tun und im Zuhören, dass dies zu einer spirituellen Erfahrung werden kann. Mir ist wichtig, herauszuarbeiten, in welcher Absicht ein Werk geschrieben wurde. Was sollte damit zum Ausdruck kommen? Ein gutes Beispiel dafür ist der Beginn von Bachs Magnificat: Diese Freude, die Erkenntnis Mariens, den Retter der Welt in ihrem Bauch zu tragen, wird hörbar und Bach gelingt es, mit seiner Musik die Gewissheit allen mitzuteilen: Menschwerdung ist möglich.
Musik ist zum einen Verkündigung. Sie leiste aber auch einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, betonten Sie kürzlich in Ihrer Begrüßung vor dem Konzert. Inwiefern?
Matscheko: Musik fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie ist ein wichtiger Beitrag für das menschliche Zusammenleben in einer Stadt, einer Gemeinde. Unsere Arbeit von Sinfonia Christkönig, besonders die Konzertreihe unter der Patronanz der Wiener Philharmoniker, wird als Kulturinitiative wahrgenommen. Es kommen viele Besucher:innen aus ganz Linz und den umliegenden Gemeinden. Bei den Gottesdiensten sind es an die 350, bei den Konzerten ca. 600 Personen. Und: Wir spielen hier Werke großer Komponist:innen von Barock bis zur Gegenwart. Kirchen bieten besondere Räume und Zeiten, um diese Werke hören zu können.
Die Kirche durchlebt in Europa schwierige Zeiten, das hat Umstrukturierungen zur Folge, um die Kirche „zukunftsfit“ zu machen. In Zeiten, in denen gespart werden muss, wird oft auch bei der Kultur gespart. Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich?
Matscheko: Grundsätzlich schätze ich an der Kirche, dass sie zweck- und konsumfreie Räume zur Verfügung stellt, das wollte ich immer unterstützen.
Wenn man Musik macht, die von Profis wie Bach, Mozart, Beethoven geschrieben wurde und von Profis gespielt werden muss, dann kostet das Geld. Es ist schade, dass sich in Zukunft gewisse Projekte in der Pfarre nicht mehr verwirklichen lassen, wie etwa die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten mit Orchester zu Festzeiten. Das wird Ende 2026 der Fall sein. Es ist bedauerlich, aber ich habe Verständnis dafür. Die eigene Konzertreihe wird bleiben, denn diese wird u. a. auch vom Land OÖ gefördert, aber in der Liturgie gibt es Einschnitte.
Mit dieser Entwicklung im Hinterkopf, was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Matscheko: Wenn man die Entwicklung in deutschsprachigen Ländern ansieht, muss man sich ganz grundsätzlich fragen: Was passiert mit diesen Kirchenräumen und wo werden dann die Werke, die Teil unserer kulturellen Identität sind, gespielt? Ich glaube, dass die Gesellschaft darüber nachdenken muss, was hier verloren geht.
Die Konzertreihe der Sinfonia Christkönig bietet am So., 25. Mai ihr nächstes Konzert in der Linzer Friedenskirche (Pfarrgemeinde Urfahr-Christkönig) an: Ein Werk von Thomas Daniel Schlee (Wacht auf, Harfe und Saitenspiel), Richard Strauss’ Oboenkonzert D-Dur mit Sebastian Breit, Solo-Oboist der Wiener Philharmoniker, und Beethovens Eroica stehen auf dem Programm. Beginn: 16 Uhr.
Sie können 3 × 2 Karten gewinnen: Schreiben Sie uns bis 21. Mai - Kontakt
Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
BÜCHER_FILME_MUSIK
KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
MEIST_GELESEN