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Die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen im Mittelalter war 25 Jahre, Männer starben mit ungefähr 30 Jahren. Zwölf oder mehr Stunden dauernde Arbeitstage waren ganz normal. Bis zu 20 Geburten gehörten zu einem Frauenleben. – Ein Blick zurück ins Mittelalter zeigt auf, wie Frauen gelebt und gearbeitet haben. „Wir möchten das alltägliche Leben der Menschen in früheren Epochen mehr in den Fokus stellen und dazu anregen, sich mit der Stellung der Frau auseinanderzusetzen: Wie hat sich die Behandlung der Frau in der christlichen Kultur entwickelt?“ Das war eine der Fragen, die Andrea Geiblinger vom Museum Innviertler Volkskundehaus interessiert hat. Die Ausstellung in Ried ermöglicht Einblicke in das Leben von Mystikerinnen, Bäuerinnen, Händlerinnen, Hebammen und Heilerinnen und setzt sich mit der rechtlichen Stellung der Frau in puncto Eheschließung, Scheidung und Ehebruch auseinander.
Ernüchternd sind die Sammlungen von Texten über Frauen, die hier gezeigt werden. Der Dominikaner Vinzenz von Beauvais (1194–1264) schrieb etwa: „Alles Böse stammt von der Frau.“ Der Mönch Bernard de Molas meinte im 12. Jahrhundert: „Die schändliche Frau, die heimtückische Frau, die feige Frau ... Voller Lust denkt jede Frau an die Sünde und begeht sie ... Die Frau ist vom Schlechten, und es gibt fast keine, die gut ist ... Sie ist der Thronsessel Satans.“ Ergänzend sei hier erwähnt, dass Thomas von Aquin (1225–1274) die Ansicht vertrat, dass der männliche Embryo nach 40 Tagen, der weibliche aber erst nach 90 Tagen beseelt sei. Der Wert der Frau lag „in ihrer Gebärfähigkeit und in ihrem hauswirtschaftlichen Nutzen“, so der Kirchenlehrer. Seine Sicht der Rolle der Frau entsprach dem gängigen Bild, das vor und nach Thomas von Aquin über Jahrhunderte weitverbreitet war.
In der Ausstellung wird auf die Mystikerinnen Katharina von Siena, Brigitta von Schweden und Hildegard von Bingen hingewiesen. Sie erlangten hohes Ansehen und traten als Beraterinnen von Fürsten und Päpsten in Erscheinung. Die einzige Möglichkeit, dem zermürbenden Kreislauf der Geburten und der schweren Arbeit zu entgehen, war der Gang ins Kloster. Doch dieser Weg stand hauptsächlich Frauen aus höheren Gesellschaftsschichten offen. Mädchen aus einfachen Familienverhältnissen konnten zunächst nur als Laienschwestern eintreten und mussten im Kloster die körperlich anstrengenden Arbeiten übernehmen. Im Spätmittelalter gelang es den Kauffrauen aus reichen Handelsfamilien, ihre gesellschaftliche Stellung auszubauen und selbst die Geschäfte zu führen.
Vom 8. Februar bis 8. Juni 2019 im Innviertler Volkskundehaus; Ried/Ikr., Tel.: 07752 90 13 02.
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