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Biografie Bruckners - Teil 1

Der Lehrersohn Anton Bruckner

KULTUR_LAND

Ansfelden, Hörsching und St. Florian waren die Stationen der Kindheit und Jugend Anton Bruckners, dessen 200. Geburtstag ins Jubiläumsjahr 2024 hinein gefeiert wird

Ausgabe: 46/2023
14.11.2023
- Heinz Niederleitner
© weingartner-foto/picturedesk.com

„Welch prachtvolle Menschen,
Philosophen, Denker, Dichter und
Musiker muß die Welt verloren haben,
weil es ihnen nicht gegönnt war,
ihr genuines Handwerk zu erlernen.“

Aus: Robert Schneiders Roman „Schlafes Bruder“

 

Dass sich Anton Bruckners musikalisches Genie entfalten konnte, beruht auf zwei Glücksfällen: Erstens war der am 4. September 1824 im Tausend-Seelen-Dorf Ansfelden geborene Bruckner ein „Überlebender“: einer der fünf von insgesamt elf Kindern seiner Eltern, die das Erwachsenenalter erreichten. Als Erstgeborener erlebte er mit, wie die späteren Geschwister zum Teil sogar am Tage der Geburt starben.


Der zweite Glücksfall für Bruckners musikalische Entwicklung war es, in eine Lehrerfamilie geboren zu werden. Anders als in Robert Schneiders Musiker-Roman „Schlafes Bruder“, wo ein musikalische Genie verloren geht, wurde Musik in Bruckners Umfeld gelehrt und gepflegt. Schon sein Großvater Joseph war vom Handwerk ins Lehrfach gewechselt und Schulmeister in Ansfelden gewesen. Darin folgte ihm Bruckners Vater, Anton senior. Zunächst schlug auch der Junior den Lehrerberuf ein.

 

SCHULE UND KIRCHE

 

Damals war das Schulmeisteramt eng mit dem Amt des Mesners sowie des Organisten und Chorleiters einer Pfarre verbunden, offiziell durch einen kaiserlichen Erlass aus dem Jahr 1805. Zu Recht haben Wissenschafter:innen Bruckners Herkunft als „Milieu der österreichischen Lehrerorganisten“ bezeichnet.

 

Von seinem Vater erlernte Bruckner das Spiel auf Tasteninstrumenten (Spinett, Orgel) und auf der volkstümlichen Geige. Denn auch wenn der Schulmeister neben Pfarrer und Arzt zu den Gebildeten im Dorf gehörte, waren Lehrer schlecht bezahlt; also spielte Anton senior (später auch der Junior) neben dem Schuldienst im Wirtshaus und zu Festivitäten gegen Bezahlung auf. An der Orgel der Ansfeldner Pfarrkirche konnte der kleine Anton bald seinen Vater während des Gottesdiensts vertreten.

 

DER BEGABTE COUSIN

 

Ein weiterer Lehrer in Bruckners Familie war sein Cousin Johann Baptist Weiß. Als Sohn des Schulmeisters von Hörsching führte er Anton nicht nur als Pate 1833 zur Firmung im Alten Dom zu Linz, sondern prägte ihn musikalisch. Denn Vater Bruckner schickte seinen Ältesten 1835/36 zur Hörschinger Verwandtschaft, wo ihn der Firmgöd in Orgelspiel und Generalbass unterwies und mit Werken Haydns und Mozarts bekannt machte. 


Der Aufenthalt Bruckners in Hörsching war mehr als nur eine kurze Episode. Das erste erhaltene, zweifelsfrei von Bruckner stammende Werk, ein „Pange lingua“ (der Hymnus zum Fronleichnamsfest, Werkverzeichnis Anton Bruckner, WAB 31), stammt aus dieser Zeit.

 

Unwahrscheinlich ist seine Autorenschaft von „Vier Präludien in Es-Dur“; da Johann Baptist Weiß selbst kompositorisch tätig war, könnten sie von ihm stammen. Bruckner hielt ihn jedenfalls sehr in Ehren. Als sich Weiß 1850 auf dem Friedhof von Hörsching erschoss, weil er sich einer ungerechtfertigten Anschuldigung gegenübersah, traf Bruckner das schwer.


Der spätere Komponist blieb nicht lange in Hörsching: Sein Vater erkrankte 1836 und der Bub sprang in Ansfelden sowohl an der Kirchenorgel als auch am Schulkatheder ein – mit zwölf Jahren. Ein Jahr später verstarb der Vater. Im Vergleich zu Bruckners Mutter Theresia schildern ihn Quellen als den schönen Seiten des Lebens aufgeschlossen, ohne seine Pflichten vernachlässigt zu haben.

 

Der Tod des Vaters bedeutete eine Erschütterung der familiären Verhältnisse, die Bruckners schwermütig veranlagte Mutter mit Aufopferung und Durchhaltewillen bewältigte. Obwohl aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammend, hatte sie bereits die Heirat mit dem armen Dorfschullehrer die harten Seiten des Lebens kennenlernen lassen.

 

Noch am Tag, an dem ihr Mann gestorben war, brachte sie ihren Ältesten durch Propst Michael Arneth vom Stift St. Florian als einen von drei Sängerknaben dort unter. Mit den anderen Geschwistern musste sie die Dienstwohnung verlassen und zog ins damals eigenständige Ebelsberg. Mit viel Arbeit, etwas Unterstützung und einer kleinen Rente brachte sie die Kinder durch.

 

Bruckners Schulen: das Geburtshaus in Ansfelden und das alte Schulhaus in Hörsching (beide neben der Kirch
Auf den Namen Joseph Anton (siehe Hervorhebung) wurde Bruckner noch am Tage seiner Geburt (4. September) getauft.
Die frühere Präparandie in der Hofgasse am Fuße des Linzer Schlossbergs
... sowie die frühere Schule in St. Florian
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EIN KIND DES FRÜHEREN 19. JAHRHUNDERTS

 

In gewisser Weise endete hier Bruckners Kindheit. Sie war nicht nur von Musik geprägt, sondern auch vom dörflichen Umfeld in Ansfelden und Hörsching, von einer stabilen, aber nicht wohlhabenden Familie, vom Wechsel der Jahreszeiten in der Landwirtschaft, vom Spielen mit den Dorfkindern und dem Aushelfen für den Vater. Schläge waren damals Teil der Kindererziehung. Bruckner empfing sie als Sohn und Schüler. Auch beim Räuberspiel der Kinder setzte es Hiebe.

 

Später berichtete der Komponist, dass er sich die Hose ausgestopft habe und zur Verwunderung der anderen Kinder die Versohlung seines Hinterteils ohne Schmerzensschreie aushielt.


Eine neue Zeit brach für ihn mit dem Eintritt bei den Sängerknaben in St. Florian an. Mit seinen beiden Sangeskollegen schien er gut ausgekommen zu sein. Untergebracht waren sie aber nicht im Stift, sondern im St. Florianer Schulhaus.

 

Dem dortigen Schulmeister Michael Bogner war es vorbehalten, Bruckners offizielle Schullaufbahn zu einem erfolgreichen Ende zu bringen und ihn bis zum Stimmbruch (1839) gesanglich zu trainieren. Ihm widmete Bruckner später den Männerchor „Der Lehrerstand“ (WAB 77). Einfluss auf den Jugendlichen hatte auch der Unterricht beim Stiftsorganisten Anton Kattinger.


Das Stift St. Florian prägte in Person von Propst Arneth auch weiterhin Anton Bruckners Fortkommen. Der Geistliche, zu dessen Begräbnis Bruckner 1854 eine Elegie komponierte (WAB 53), förderte die Vorbereitung für die Aufnahmeprüfung zur Lehrerausbildung, die Bruckner am 1. Oktober 1840 bestand. Bruckner hatte sich selbst dazu entschieden, vermutlich vor allem, um bald seiner Mutter finanziell unter die Arme greifen zu können. Auch für diese Ausbildung zahlte das Stift mit.


Nur zehn Monate dauerte der Kurs an der Präparandie (Lehrerbildungsanstalt) in der Linzer Hofgasse. Anders als zur Zeit seines Vaters hatte Bruckner schon das Glück, dass die Musikausbildung direkt zum Kurs  gehörte und Johann August Dürrnberger ihn aus seinem „Elementar-Lehrbuch der Harmonie- und Generalbaß-Lehre“ unterrichtete. Am 16. August 1841 bestand Bruckner die Abschlussprüfung. Der knapp Siebzehnjährige war damit befähigt, als Gehilfe in den Schuldienst einzutreten.

 

LEHRTÄTIGKEIT BIS INS HOHE ALTER

 

Überblickt man die frühen Jahre Bruckners, erkennt man die Förderung, die ihm zuteil wurde. Die Lehrerlaufbahn war vor dem familiären und wirtschaftlichen  Hintergrund die naheliegendste Entscheidung. Musizieren war Teil davon.

 

Ausschließlich Musiker zu sein, blieb zunächst ein Traum, der sich für Bruckner erst 1855 erfüllen sollte. Ein Lehrender blieb Anton Bruckner aber auch danach: für Musikschüler:innen, Musiker:innen am Konservatorium und an der Universität Wien, an der er erst zwei Jahre vor seinem Tod die letzte Vorlesung hielt.  

 

Veranstaltungen zum Brucknerjubiläum in
Ansfelden finden Sie unter: abc.ansfelden.at

 


 

Bruckners Biografie in vier Teilen

von KiZ-Chefredakteur Heinz Niederleitner

 

Der Lehrersohn Anton Bruckner

Biografie Bruckners - Teil 1

 

Anton Bruckners Jahre der Metamorphose

Biografie Bruckners - Teil 2

 

Name: Bruckner, Anton. Beruf: Symphoniker

Biografie Bruckners - Teil 3

 

Anton Bruckner und die Totenuhr

Biografie Bruckners - Teil 4

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