Max braucht viel Struktur, am besten ist, wenn wir viel unterwegs sind, viel los ist. Er kann sich nicht alleine beschäftigen. Gar nicht. Er braucht rund um die Uhr Unterstützung, Aufmerksamkeit und Antworten auf seine gezählten 700 Fragen pro Tag. Und nun? Keine Schule, kein Hort, keine Therapie, kein Kinderhotel der Caritas, kein Kirchengang, kein Besuch, keine Struktur, keine anderen Leute, an die er seine Fragen richten kann, keine Verschnaufpause für uns.
Mein Mann und ich wechseln uns ab, wobei Michael mehr Zeit mit Max verbringt. Möchten sich Michael und ich mal austauschen, werden wir von Max‘ Gewürge unterbrochen. Er mag es nicht, wenn wir uns unterhalten. Mein Handy muss immer gut sichtbar sein. Wenn Max es nicht findet, fängt er an zu schreien und zu zwicken. Hat jemand angerufen, muss ich sofort zurückrufen. Selbst wenn ich grad beim Teigkneten bin, möchte er das. Er macht viel Stress, er fordert uns. Tagtäglich, stündlich.
Mehrmals am Tag meint er, das Corona-Virus solle endlich gehen und schlägt sich dabei wild auf den Kopf. „Ich hüpf mal, dann geht das Virus weg.“ Aber es hilft nicht.
Wenn er keine Fragen stellt, ist es verdächtig. Er klettert auf das Fensterbrett, weil wir vergessen haben, das Fenster abzusperren. Er nimmt ein viel zu heißes Vollbad und verstreut das neu gekaufte Badesalz zur Gänze und überall. Laute Musik den ganzen Tag, die Kontrolle, ob eh alle da sind, ist groß.
Es ist 21.30 Uhr. Bald ist wieder ein Tag zuhause geschafft. Noch einmal die gleichen Fragen: „Was machen wir morgen?“ – „Gemütlich.“ – „Kommt jemand zu Besuch?“ – „Nein.“ – „Warum nicht?“ – „Du weißt es.“ – „Wegen dem Corona-Virus.“ – „Genau.“ – „Wann sagt der Rudi (Anmerk: Anschober), dass alles vorbei ist?“ – „Das dauert noch.“ „Wann sagt der Herr Faßmann, dass ich wieder in die Schule gehen kann?“ – „Das dauert auch noch.“ – „Wie lange?“ – „Bis mindestens Mai.“ – „Ist das lang?“ – „Ja, Max, das ist lang“. Sehr lang.
Gewidmet all jenen, die in dieser Zeit besonders mit den Besonderheiten eines Autismusspektrums zu kämpfen haben!
Birgit Kubik
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