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„Ich kann einfach nicht mehr.“ Das ist ein Satz, den Ulrike Schüller oft von Frauen hört, die bei ihr Hilfe suchen. Und schnell stellt sich bei den meisten heraus, dass sie sich seit vielen Jahren für alles verantworlich fühlen, was rund um sie passiert. „Viele Frauen können nur ganz schlecht Grenzen setzen und ‚nein‘ sagen. Schon gar nicht bei Personen, die sie lieben, also bei den Kindern und beim Partner. Das führt irgendwann zu einer Überforderung. Und dann ist es höchste Zeit, auf sich selbst zu schauen“, so die Beraterin.
„Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst“ – ein Satz, der voraussetzt, dass man auch sich selbst liebt. „Wenn man Frauen fragt, wen sie lieben, dann kommt als Antwort: ‚Den Partner, die Kinder und die Eltern.‘ Frauen, die sagen, sie lieben sich selbst, erlebe ich selten“, sagt Schüller. Warum eigentlich? Heißt es nicht auch, nur wer selbst glücklich ist, kann auch andere glücklich machen? Und das ist es doch, was das Handeln vieler Frauen bestimmt: Sie wollen andere glücklich und zufrieden machen. Und sie wollen dafür von ihnen geliebt werden. „Aber so funktioniert das nicht“, warnt Ulrike Schüller. „In der Erwartung, dass die Liebe und die Energie von den Kindern oder vom Partner kommt, liegt eine große Falle. Denn erhalte ich da zu wenig Anerkennung, bin ich enttäuscht und kraftlos.“
Also sollten Frauen es schaffen, selbst ihre eigene beste Freundin zu sein und mit sich genauso liebevoll umzugehen wie mit den Mitmenschen. „Machen Sie sich Ihre positiven Eigenschaften bewusst und seien Sie stolz darauf“, so der Rat. Weg vom „Ich muss“ oder „Ich mache nur schnell“ – allein schon von diesen Formulierungen geht ein unheimlicher Druck aus. Es muss auch nicht alles perfekt sein. „Meist erwarten das die anderen gar nicht, diese Vorgabe legt frau sich selber auf und macht sich damit viel unnötigen Stress.“
„Wann haben Sie das letzte Mal etwas für sich getan?“, fragt Ulrike Schüller, und sie meint damit nicht den letzten Arztbesuch. Es geht vielmehr darum, einfach Dinge zu tun, die Spaß machen – etwa ein Buch lesen, die Natur ganz entspannt genießen oder mit einer Freundin ins Kino gehen. Natürlich gibt es Lebensabschnitte, in denen für solche Dinge wenig Zeit bleibt. Trotzdem sollte man sie nicht ganz aus dem Auge verlieren. „Es gibt Frauen, die sich erst in der Pension ihren Lebenstraum erfüllen, etwa reisen oder ihren Hobbys wieder nachgehen. Aber eigentlich wäre es schön, wenn man immer wieder einmal Zeit für sich selbst finden könnte“, ist Schüller überzeugt. Dafür muss man allerdings seine Bedürfnisse offen ansprechen und gegebenenfalls auch einfordern.
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