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Um die Wirkung des Vorlesens zu erforschen, haben Wissenschafter:innen MRT-Untersuchungen mit Kindern durchgeführt.
„Die Forscher:innen fanden heraus, dass es massive Unterschiede gibt in der Hirnfunktion und folglich auch in der Gehirnentwicklung bei Kindern, denen im Säuglings- oder Kleinkindalter schon viel vorgelesen wird“, sagt Stephanie Millinger, Pädagogische Mitarbeiterin von SPIEGEL-Elternbildung.
„Es findet eine größere Hirnaktivität statt, was zu einem kognitiven Vorsprung anderen Kindern gegenüber führt, denen nicht vorgelesen wurde. Das zeigt sich im Spracherwerb, in der körperlichen und der motorischen Entwicklung. Man sagt auch, dass die Kinder emotional belastbarer sind.“
Das gemeinsame Lesen ist nicht nur gut für die Hirnentwicklung, es schafft auch Nähe: „Man löst mit Mama und Papa ein Rätsel, erforscht das Meer oder reitet auf Pferden durch eine Geschichte – man taucht gemeinsam in eine andere Welt ab.“
Dass das Vorlesen auch im digitalen Zeitalter seine Berechtigung hat, bestätigt Judith Tscheppe, Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbands Österreich (KFÖ): „Vorlesen hat eine ganz besondere Qualität. Es beflügelt die Fantasie, lässt gemeinsam über Gelesenes nachdenken und staunen. Gerade Bilderbücher sind auch eine wunderbare Gelegenheit, über die unterschiedlichsten Themen zu reden und Inhalte kindgerecht, lustig und unkompliziert zu vermitteln.“
Werden diese besonderen Momente mit viel Achtsamkeit, Wertschätzung und Nähe erlebt, so kann das den Familienzusammenhalt stärken, sagt Millinger. Das bestätigt auch Tscheppe: „Meine Kinder haben sich immer sehr auf das gemeinsame Lesen gefreut. Da hatten wir immer Zeit, keiner hat gestört, bei uns war das Lesen Ritual vor dem Schlafen- gehen. Da sind sie dann immer losgesaust und haben aus den vielen Büchern, die wir hatten, eines ausgesucht.“
Auch die eigene Lesebiografie spielt beim Vorlesen eine Rolle. Stephanie Millinger leitet Kurse für Vorlese-Pat:innen, und wenn sie die Teilnehmer:innen nach ihren eigenen Vorleseerlebnissen als Kinder fragt, erscheine immer ein Lächeln auf deren Gesichtern: „Viele positive Gefühle kommen hoch, die Nähe, die man gespürt hat als man bei Mama oder Oma auf dem Schoß saß, während diese vorlas.“ Diese Eindrücke seien etwas, dass man beim Selbst-vorlesen wieder hervorholen und ans eigene Kind weitergeben könne.
„Falsches“ Vorlesen gebe es nicht, sagt Millinger. „Ich sage zu meinen Teilnehmer:innen immer, sie müssen sich nicht verstellen, müssen auch keine Schauspieler:innen werden. Wichtig ist, dass man eine gemütliche Atmosphäre schafft, ob am Boden, in der Hängematte, im Bett oder am Küchentisch.“
Vorher sollte vereinbart werden, wie lang die Geschichte sein darf, ob nur eine Seite gelesen wird oder das ganze Buch. „Je jünger das Kind ist, desto langsamer, dazu laut und deutlich sollte gelesen werden. Spannende Situationen können schneller, traurige langsamer gelesen werden. Wenn man die Körpersprache und die Stimme noch so einsetzt, dass es zu den Protagonist:innen des Buches passt, wird es umso spannender und lebendiger.“
Bei der Auswahl der Bücher sollte darauf geachtet werden, dass es zum Kind und seinen Interessen passt. „Wir haben Bilderbücher wie unterschiedlichste Wimmelbücher genauso angeschaut wie Zilly die Hexe, sämtliche Bücher der Kuh Lie-selotte, eine Vielzahl der Bücher der Pettersson-und-Findus-Serie, den Grüffelo in allen Bänden, den Regenbogenfisch und viele mehr gelesen“, zählt etwa Tscheppe auf.
Das Wichtigste beim Vorlesen ist die Begeisterung: „Wenn mir das Spaß macht, kann ich das auch gut auf mein Kind übertragen und es lässt sich leicht mitreißen“, sagt Stephanie Millinger. „Vorlesen ist eine wunderbare Art, mit den Kindern eine aufmerksame und nur auf sie konzentrierte Zeit zu verbringen, es ist eine unwiederbringliche Zeit für gemeinsames Reisen im Kopf und unabgelenkte Nähe“, sagt Judith Tscheppe.
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