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Sie wissen, welche Themen Paaren unter den Nägeln brennen.
„Wir sind nicht allein“: Diese Erkenntnis ist eine der zentralen Erfahrungen, die Paare bei den Beziehungstagen machen. „Sie sehen, dass auch andere die gleichen Probleme haben und die gleichen Erfahrungen machen“, sagen Paula und Martin Wintereder.
Die beiden arbeiteten zwei Jahrzehnte lang bei den Beziehungstagen, die jährlich in den Bildungshäusern Puchberg und Greisinghof in Oberösterreich stattfinden, mit und leiteten diese auch die vergangenen fünf Jahre. Zuletzt nahmen in Puchberg 25 Paare mit etwa 60 Kindern teil.
Paula und Martin Wintereder – sie ist unter anderem ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung und er Dekanatsassistent in Peuerbach – haben über die Jahre erlebt, wie sich Paarbeziehungen verändern und was dennoch gleichgeblieben ist.
„Das große Thema, das sich durch alle Generationen hindurchzieht, ist Kommunikation“, sagt Paula Wintereder. Das spielt auch eine große Rolle in Bezug auf die Zusammensetzung der Paare: Diese würden immer multikultureller und diverser.
Je länger eine Beziehung dauere, desto größer sei die Gefahr, „abzudriften“, die Dinge zu vernachlässigen. „Ein Hauptgrund, den Paare für eine Trennung angeben, ist, dass sie sich auseinandergelebt haben. Das Paar muss daher immer wieder die eigene Verbindung stärken und sich bewusst miteinander beschäftigen.“
Wo geht es uns gut, welche Dinge müssen wir besprechen, wie formulieren wir unsere Wünsche, wie können wir Dinge vorwurfsfrei ansprechen, die uns aneinander ärgern? Das seien einige Fragen, mit denen sich Paare auseinandersetzen sollten.
Neben der Kommunikation ist ein zweites großes Paar-Thema die Frage „Was steht zwischen uns?“. „Das können die Kinder sein, die Eltern, der Beruf, der Verein, etwas, das immer wichtiger ist als der Partner oder die Partnerin. Das kann über die Jahre zu viel und damit zum Problem werden“, sagt Martin Wintereder.
Der Anteil der Paare, die Scheidungserfahrungen seitens ihrer Eltern mitbringen, sei bei den Beziehungstagen gestiegen. Paula Wintereder meint, dass sie auch deshalb kommen, „weil sie wissen, wenn wir nichts in unsere Beziehung investieren, geht das auf Dauer nicht gut“. Das sei etwas, was sich im Laufe der Jahre zum Positiven verändert habe: Die Hemmschwelle, sich als Paar Hilfe zu holen, zum Beispiel in Form einer Beratung, sei gesunken. „Viele merken, wie gut es tut, wenn man in einem geschützten Raum offen reden und Probleme ansprechen kann“, sagen die Wintereders. Bei Frauen sei die Beziehungskompetenz höher, sie würden schneller merken, wenn etwas „unrund läuft“, sagt Paula Wintereder. Männer hingegen würden oft dazu neigen, eine Beziehung als „Ressource“ zu sehen, sagt Martin Wintereder, „um das Leben zu meistern. Sie fühlen sich in Beziehungsfragen weniger kompetent. Sie nützen nicht so viele Möglichkeiten, sich auszutauschen.“
Das Einbeziehen der Natur und das Im-Freien-Sein sei deshalb besonders wichtig, wenn es darum geht, Männer zu einem Paarseminar zu motivieren. Außerdem habe es sich bewährt, dass Paula und Martin Wintereder als Referent:innen gemeinsam auftreten.
Im Laufe der Zeit haben die beiden vielfältige Formate entwickelt, um auf die verschiedenen Paar- und Lebenssituationen einzughen. Dazu gehörten ewa die „Paartage auf der Almhütte“, „Pilgern für Paare“, „Zweisamkeit in intensiver Familienzeit“ oder „Paddeln für Paare“ auf der Moldau.
Beflügelnd für beide Seiten sei immer wieder der Austausch zwischen den älteren und den jüngeren Paaren. „Bei den jüngeren Paaren ist das Bewusstsein gewachsen, dass man in die Beziehung investieren muss, sie vertrauen sich viel an, teilen ihre Bedürfnisse mit, wollen wissen, was der andere denkt“, sagt Paula Wintereder. „Die Älteren bringen die Erfahrung mit, schon schwierige Herausforderungen gemeistert zu haben. Sie wissen, so leicht bringt uns nichts mehr aus der Ruhe“, sagt Martin Wintereder. Die Älteren seien oft neugierig, was die Jüngeren heute anders machen, was sie sich vielleicht nicht mehr erkämpfen müssen, wo sie schon reifer sind, als sie selbst es damals waren. „Die Paar-Generationen ermutigen sich gegenseitig und lernen voneinander.“
In der Beziehung gebe es immer wieder Übergänge, wo man sich neu orientieren müsse als Paar. Auch die Wintereders stehen vor einem Übergang: Die Leitung für die Beziehungstage wird an die nächste Generation abgegeben.
Die vielen Seminare, die sie über die Beratungseinrichtung Beziehungleben.at geschaffen haben, waren „ein verbindendes Projekt mit gemeinsamer Mehrwert-Zeit, bei dem wir auch selbst viel voneinander gelernt haben und das auch unserer Beziehung gut getan hat.“
Josef Lugmayr, Leiter von Beziehungleben.at, bedankt sich für den Einsatz: „Ich bin sehr dankbar, dass Martin und Paula in kompetenter, kreativer Weise und über so lange Zeit Bildungsangebote für Paare entwickelt und durchgeführt haben. Beziehungspflege ist ihnen selber wichtig und sie sind damit die besten Botschafter dafür, dass jedem Paar eine Auszeit und eine bewusste Zeit füreinander guttut.“
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