Wort zum Sonntag
Wird der Karfreitag ein genereller Feiertag für alle, weil die bisherige Regelung, die nur für Mitglieder der evangelischen Kirchen und der altkatholischen Kirche gilt, diskriminierend ist? Wirtschaft und Politik winken eher ab. Liegt die Lösung in einem Tausch zwischen Karfreitag und Oster- oder Pfingstmontag? Die Bischofskonferenz, die Katholische Aktion und die Arbeiterkammer sind dagegen. Fällt der von Teilen des Handels aufgeweichte 8. Dezember (Mariä Empfängnis)? Da müsste man das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl aufschnüren! Oder kommt ein flexibler Feiertag, den jede Religionsgemeinschaft für sich festlegt? – All das wird derzeit diskutiert.
Dass neben Wirtschaft und Politik vor allem Religion eine wichtige Rolle bei den Feiertagen spielt, zeigt schon ein Blick in den Kalender: Von den 13 österreichweiten Feiertagen (siehe rechts) außer den Sonntagen sind nur zwei ohne religiösen Ursprung: der Staatsfeiertag (1. Mai/Tag der Arbeit) und der Nationalfeiertag (26. Oktober). Alle anderen Feiertage haben entweder eine christliche (z. B. Christi Himmelfahrt) bzw. katholische Herkunft (z. B. Fronleichnam).
Offensichtlich geht die staatliche Feiertagsregelung auf eine Zeit zurück, da Österreich stark vom Katholizismus geprägt war. Die Kirche selbst hat im Laufe der Neuzeit die Zahl der Feiertage (verpflichtender Messbesuch und Arbeitsruhe) reduziert, besonders Papst Urban VIII. 1642, der die Zahl auf 33 für die Weltkirche plus zwei regionale Feiertage festlegte (damals gab es keinen Urlaub im heutigen Sinn). Der Karfreitag, zuvor schon eine Ausnahme als Feiertag, war nicht unter den 33. In der evangelischen Kirche erlangte er dagegen besondere Bedeutung. 1911 setzte Pius X. die Zahl der Feiertage auf acht fest. Doch auch als das damals neue Kirchengesetzbuch 1917 die Zahl auf zehn erhöhte, war der Karfreitag nicht dabei.
Als Österreich und der Heilige Stuhl 1933/34 das Konkordat als völkerrechtlichen Vertrag eingingen, war der Karfreitag folglich nicht auf der Liste der vom Staat anzuerkennenden kirchlichen Feiertage. Erst mit Liturgiereformen in den 1950er Jahren und in Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils rückte der Karfreitag von der seelsorglichen Bedeutung her nach vorne. Kirchenrechtlich wird er aber nach wie vor nicht unter die Feiertage gerechnet, sondern unter die Buß- und Fasttage.
Heißt das jetzt, Katholiken haben gar keine Chance auf einen freien Karfreitag, weil dieser im Konkordat nicht vorgesehen ist? Nein, denn der Oster- und der Pfingstmontag stehen auch nicht im Konkordat und sind trotzdem arbeitsfreie Tage. Dafür steht dort als Feiertag das Fest „Peter und Paul“ (29. Juni). Tatsächlich war der 29. Juni im Feiertagsgesetz von 1933 ein Feiertag. Die Nationalsozialisten tauschten jedoch den österreichischen Feiertagskalender gegen ihren eigenen, was sich vor allem auf einige katholische Feiertage auswirkte.
Als die Zweite Republik 1945 ihre Feiertage ordnete, fühlte man sich zunächst nicht an das Konkordat gebunden, dessen Gültigkeit bis 1957 auch umstritten war – hatte es ja das Dollfuß-Regime mit dem Vatikan geschlossen. Im Vergleich zu 1933 fehlten unter den zehn staatlichen Feiertagen 1945 der 6. Jänner (Heilige Drei Könige/Epiphanie) „Peter und Paul“ und Mariä Empfängnis. Für „Peter und Paul“ gilt inzwischen ein päpstlicher Dispens: Das Konkordat wird diesbezüglich nicht angewandt. Der 6. Jänner kam 1949 wieder in den staatlichen Feiertagskalender. 1955 wurde Mariä Empfängnis wieder arbeitsfrei.
Diese Wiedereinführung des freien 8. Dezember war Anlass dafür, die bislang nur im Generalkollektivvertrag vereinbarte Karfreitagsregelung, die schon im Generalkollektivvertrag stand, für Evangelische und Altkatholiken ins Gesetz zu bringen, wie der Rechtswissenschaftler Richard Potz von der Universität Wien erklärt: „Das war ein Signal an die Evangelischen. Ausgegangen war das von den evangelischen Politikern Bruno Pittermann und Karl Spielbüchler.“
Komplett wurde der Feiertagskalender, als 1967 der Nationalfeiertag arbeitsfrei wurde. Für jüdische Arbeitnehmer gibt es seit 1953 im Generalkollektivvertrag eine Regelung, wonach der Versöhnungstag frei ist.
Wenn damals bis auf zwei alle Feiertage einen christlichen, zum Teil auch spezifisch katholischen Hintergrund hatten, war das leicht durch einen Blick in die Bevölkerungsstatistik zu begründen: Anfang der 1960er Jahre waren 89 Prozent der Österreicher römisch-katholisch und gut 6 Prozent evangelisch. Heute sind etwa 57 Prozent katholisch und 3,3 Prozent evangelisch. Zweitgrößte Religionsgemeinschaft ist der Islam (wenn die Schätzungen stimmen, dann mit acht Prozent). Größer ist die Zahl der offiziell konfessionell ungebundenen Menschen (rund ein Viertel der Bevölkerung). Innerhalb der Christen sind orthodoxe Gemeinschaften größer geworden (5 bis 6 Prozent), die ihre Feiertage zum Teil nach dem Julianischen Kalender ansetzen.
Das hat auch Einfluss auf die Diskussion um die Feiertage. „Dem Urteil des EuGH würde es wohl Genüge tun, wenn alle Arbeitnehmer am Karfreitag frei haben. Denn dabei geht es nur darum, das nicht bei der Anzahl der freien Tage differenziert wird. Mittelfristig wird sich aber die Frage stellen, wie religiöse Minderheiten auch mit ihren Feiertagen berücksichtigt werden – wie die Muslime, die zahlenmäßig mehr sind als evangelische Christen“, sagt Universitätsprofessor Richard Potz. „Eine schon länger genannte Möglichkeit wäre, das Problem über einen zusätzlichen Urlaubstag zu regeln, den Arbeitnehmer bei Dienstantritt für einen Festtag ihrer Religion beantragen können.“
Und wie verhält es sich mit Rufen mancher Gruppen, eine ganz scharfe Trennung von Kirche und Staat zu vollziehen. Hätte so etwas auch Auswirkungen auf die Feiertage? Wohl kaum. Denn selbst ein offiziell laizistisches Land wie Frankreich, in dem Religion als strikte Privatsache angesehen werden soll, hat in seinem Arbeitsgesetz unter anderem den Oster- und Pfingstmontag, Christi Himmelfahrt, Allerheiligen und den Christtag – und zwar mit der religiösen Bezeichnung (wobei die Arbeitsruhe anders geregelt ist als in Österreich).
„Den Verzicht auf jeden religiösen Hintergrund bei den Feiertagen gab es nur in der radikalsten Phase der Französischen Revolution“, sagt Potz. „Auf so etwas heute abzustellen, wäre absurd. Das entspricht auch nicht der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs.“
In Österreich geht es derzeit „nur“ um den Karfreitag. Angesichts der geschilderten Vielschichtigkeit darf man gespannt sein, welche Lösung sich durchsetzt – und ob die zunehmende religiöse Buntheit weitere Auswirkungen auf den Feiertagskalender nach sich ziehen wird. «
Feiertage
1. Jänner: Hochfest der Gottesmutter Maria. Bis 1969 wurde an diesem Tag die Beschneidung des Herrn gefeiert.
6. Jänner: Mit „Erscheinung des Herrn“ wird die Menschwerdung Gottes gefeiert. Zudem stellt das Fest auf die drei Weisen ab („Dreikönigsfest“).
Ostermontag: (heuer 22. April) Arbeitsfrei nach einer alten liturgischen Ordnung, die Ostern mehrtägig feierte.
1. Mai: Tag der Arbeit; die Kirche zog hier später nach mit dem Fest „Josef der Arbeiter“.
Christi Himmelfahrt: (heuer 30. Mai) Altes kirchliches Fest, mancherorts verbunden mit Ernte- und Wetter-Bitttagen.
Pfingstmontag: (heuer 10. Juni) Geht auf eine frühere Pfingstoktav zurück.
Fronleichnam: (heuer 20. Juni) Zum Hochfest gehören Prozessionen und Brauchtum.
15. August: Mariä Himmelfahrt ist ein altes Fest, das Dogma wurde erst 1950 verkündet. Zum Fest gehören vielerorts die Kräuterweihen.
26. Oktober: Der Nationalfeiertag erinnert an den Beschluss der Neutralität Österreichs.
1. November: Allerheiligen wird oft mit dem Totengedenken verbunden, da Allerseelen kein Feiertag ist.
8. Dezember: Mariä Empfängnis wird seit dem Mittelalter gefeiert, das Dogma folgte 1854.
25./26. Dezember: Auf den Christtag folgt das Fest des ersten Märtyrers Stephanus.
Landesfeiertage (u.a. Floriani-, Martini- oder Josefitag) wirken sich meist nur auf Schulen und öffentlichen Dienst aus.
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