Wort zum Sonntag
Die beiden großen Kirchen in Deutschland trauern mit den Angehörigen der Opfer des Anschlags am Magdeburger Weihnachtsmarkt und beten für die Verletzten und die Verstorbenen sowie für deren Angehörige.
"Unsere Gedanken und Gebete sind in diesen Stunden in Magdeburg", erklärten die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Am Samstagabend um 19 Uhr gab es einen ökumenischen Gedenkgottesdienst im Magdeburger Dom, unter anderem mit dem evangelischen Landesbischof Friedrich Kramer und dem katholischen Bischof Gerhard Feige.
Außerdem wird am Westportal der Johanniskirche in der Nähe des Tatorts eine Gedenkstelle eingerichtet. Die Diözese Magdeburg erklärte, auch die Kathedrale Sankt Sebastian bleibe geöffnet als Raum zum Innehalten und Gedenken.
Bischöfin Fehrs und Bischof Bätzing hielten in ihrer gemeinsamen Erklärung fest: "Der menschenverachtende Anschlag von Magdeburg macht uns fassungslos. Das Entsetzen, die Trauer und die Anteilnahme empfinden heute viele Menschen in ganz Deutschland und weltweit." So viele unschuldige Menschen seien "dieser sinnlosen Gewalt unmittelbar vor dem Weihnachtsfest zum Opfer gefallen", so Bätzing und Fehrs: "Unser Dank gilt den engagierten Einsatzkräften, die seit gestern Verletzte versorgen und unter Hochdruck aufklären, was geschehen ist, sowie den Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern, die in diesem Moment den Menschen zur Seite stehen und Traumatisierte begleiten."
Weltkirchenrat ÖRK verurteilt Anschlag
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) verurteilte am Samstag den Anschlag. "Diese Gewalttat, die auf einen Ort der Freude, der Einheit und des Friedens abzielt, ist eine eklatante Verletzung der Menschenwürde und steht im Widerspruch zum Geist der Weihnacht, der uns zu Liebe, Mitgefühl und gutem Willen aufruft", erklärten Generalsekretär Jerry Pillay und Weltkirchenrats-Moderator Heinrich Bedford-Strohm.
Sie bekundeten ihre Solidarität mit den Opfern und dem deutschen Volk und riefen zum Gebet auf: "Lasst uns gemeinsam Hass und Gewalt in jeder Form zurückweisen und als Werkzeuge des Friedens Gottes in einer zerrissenen Welt standhaft bleiben". Der ehemalige bayerische Landesbischof Bedford-Strohm fügte hinzu: "Wir gedenken der Angehörigen im Gebet. Wir bringen unsere Klage über diese sinnlose Gewalt vor Gott. Wir werden uns niemals damit abfinden."
Ein seit 2006 in Deutschland lebender Arzt aus Saudi-Arabien war am Freitagabend mit einem Auto in die Menschenmenge gerast. Dabei waren mindestens vier Menschen getötet und rund 200 zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Die genauen Hintergründe sind noch nicht bekannt.
Gedenkgottesdienst in Magdeburg: Gewalt nicht das letzte Wort lassen
Mehrere hundert Menschen haben am Samstagabend im Magdeburger Dom der Opfer des Anschlags vom Freitag gedacht. "Traurig und wütend, ratlos und ängstlich, unsicher und verzweifelt, sprach- und fassungslos und tief betroffen lässt uns der brutale Anschlag vom gestrigen Abend zurück. Mit Gefühlen, die sich nicht greifen lassen, sind wir heute Abend hier im Dom", sagte der katholische Bischof Gerhard Feige zum Auftakt des ökumenischen Gottesdienstes.
Daran nahmen neben verletzten Opfern, Angehörigen und Rettungskräften auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, teil. Hunderte Menschen verfolgten zudem auf dem Domplatz bei Kälte und Regen den Gottesdienst via Leinwand-Übertragung.
Bischof Feige betonte: "Gemeinsam sind wir heute Abend hier, um uns gegenseitig Halt zu geben, um auszuhalten, was nicht zu begreifen ist. Gemeinsam sind wir hier, weil wir Hass und Gewalt nicht das letzte Wort lassen." Gemeinsam stehe man an der Seite derer, die um einen Menschen trauerten, Angst um verletzte Angehörige hätten oder am Freitag auf dem Weihnachtsmarkt waren und noch unter Schock stünden und das Gesehene und Geschehene noch verarbeiten müssten.
Um 19.04 Uhr, exakt 24 Stunden nach der Tat am Vortag, läuteten alle Kirchenglocken der Stadt. Der evangelische Landesbischof Friedrich Kramer sagte in seiner Predigt: "Wir sind erschüttert und fragen uns: Gibt es noch einen sicheren Ort, einen Friedensort?" Gewalttäter setzten sich auf "den Thron der Aufmerksamkeit", so Kramer weiter: "Lasst uns diesem Gewalttäter keinen Raum geben."
Trotz aller Ohnmacht, Verzweiflung und Wut, die man angesichts der Tat verspüre, sei eines wichtig: "Wir werden dem Gewalttäter nicht unseren Hass geben, sondern wir bleiben bei dem, was Frieden und Zusammenhalt gibt."
Bei dem Anschlag starben bislang fünf Menschen, über 200 wurden verletzt, viele schwer. Ein seit 2006 in Deutschland lebender und in Sachsen-Anhalt arbeitender Arzt aus Saudi-Arabien war mit einem Auto in den Weihnachtsmarkt der Magdeburger Altstadt gefahren. Erste Spekulationen über mögliche islamistische Hintergründe der Tat werden inzwischen als unwahrscheinlich bezeichnet.
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