Wort zum Sonntag
Und er ist der letzte Dompfarrer: Im Zuge der diözesanen Strukturreform wird die Dompfarre zu einer Pfarrteilgemeinde.
Eine Dompfarre ist eine besondere Pfarre, da sie ihre Kirche mit dem Bischof teilt. Haben Sie das als Spannung erlebt?
Maximilian Strasser: Nein. Vor meinem Amtsantritt habe ich das Bischof Maximilian Aichern gegenüber angesprochen. Ich habe ihm gesagt, dass es mir ein Anliegen ist, dass die Bischofsgottesdienste eine Feier der Gemeinde und nicht abgehoben sein sollen. So will ich es auch, hat er geantwortet, und so haben wir das bis heute gehalten. Die Bischofskirche lebt wesentlich von der Dompfarre, die dem Bischof einen guten Raum zum Feiern bereitet. Ich möchte aber betonen: Gemeinsam mit dem Bischof Liturgie zu feiern, ist schön. Und es ist übrigens eine Wohltat, Bischof Manfred predigen zu hören. Es tut mir als Pfarrer gut, dass ich auch zuhören kann.
Während viele Kirchengebäude an Bedeutung verlieren, ist es beim Mariendom umgekehrt. Worauf führen Sie das zurück?
Strasser: Besonders auf das Kulturhauptstadtjahr 2009. Das hat den Dom in die Stadt gerückt. Seit 2007 gibt es auch das Amt des Dommeisters. Der hat ebenfalls viel beigetragen. Ich weise nur auf den Zubau als jüngste Initiative hin. Der Mariendom ist ein qualitätsvoller Punkt in der Stadt geworden. Wir haben auch die sorgfältig gestalteten Domführungen aus dem Kulturhauptstadtjahr – bis heute – mitgenommen.
Der Dom ist auch für seine gut gestalteten Liturgiefeiern bekannt.
Strasser: Ja, der Dom ist eine beliebte Gottesdienststätte. Es kommen viele in unsere Gottesdienste in den Dom, die aber in ihren Heimatpfarren fehlen. Wir bemühen uns um eine schöne Liturgie, zu der ganz wesentlich die Dommusik und die liturgischen Dienste beitragen. Erfreulicherweise ist die Zahl der Gottesdienst-Mitfeiernden im Wesentlichen gleich geblieben. Die Dompfarre ist übrigens eine der wenigen Pfarren, in der es jeden Sonntag einen Kindergottesdienst gibt.
Der neue Altarraum hat dem Dom ein neues Gesicht gegeben. Was bedeutet das für die Dompfarre?
Strasser: Die Neugestaltung brachte für die Dompfarre einen echten Qualitätssprung in der Liturgie. Ein besonderes Element dabei ist die freie Mitte zwischen Altar und Ambo. Diese offene Mitte symbolisiert den Menschen, der für Wort und Sakrament offen ist.
Als leidenschaftlicher Theologe können Sie gar nicht anders, als den Dom mit theologischen Augen anzuschauen. Was bedeutet es, dass der Dom Mariä Empfängnis, der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter geweiht ist?
Strasser: Die Botschaft des Doms besteht für mich in der Zusage, dass die Verstrickung in Schuld nicht ausweglos ist, sondern dass jede Schuldgeschichte zu einem guten Ende führen kann. Das wird bildlich im Maria-Himmelfahrt-Fenster über dem alten Hochaltar dargestellt. Der Dom spannt nämlich einen Bogen über das gesamte Leben Mariens: von der Empfängnis bis zur Himmelfahrt. Die Verheißung der Himmelfahrt ist jedem Menschen zugesagt. Darum ist für mich die Himmelfahrtsdarstellung das Spitzenfenster des Doms, das übrigens das einzige Fenster ist, dessen Maßwerk neun Kreisbögen aufweist. Neun, das sich aus drei mal drei ergibt, weist auf die Dreifaltigkeit hin. Der Dom schenkt uns eine Theologie der Augen und der Zahlen.
Haben Sie schon alles entdeckt?
Strasser: Noch lange nicht. Es hat einen besonderen Reiz, ausgehend vom Spiel mit den Zahlen und Symbolen in die Tiefe zu gehen. Zu tüfteln und zu interpretieren.
Wie Sie es ja auch bei der Krippe gerne machen ...
Strasser: Ja, die Krippe stellt keine orientalische Idylle dar, sondern hat eine starke theologische Botschaft: Sie ist Christusverkündigung pur. Und einzelne Figuren kann man über die Tradition hinaus deuten. So erinnert mich der Hirte mit der Laterne an den Philosophen Nietzsche, der von „jenem tollen Menschen“ schreibt, „der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: ‚Ich suche Gott! Ich suche Gott!‘“
Bleiben wir noch im Dom. Der ist riesengroß. Drückt diese Größe nicht manchmal?
Strasser: Nein, er macht mich nicht klein, das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich hinten stehe und nach vorne blicke, dann hebt mich der Dom. Er richtet mich auf und lässt mich nach oben schauen – zum Himmelfahrtsfenster. Unter der Rudigierorgel ist daher auch mein Lieblingsplatz.
Sie weisen immer wieder darauf hin, dass zum Mariendom nicht nur das Kirchengebäude selbst, sondern auch der Platz davor gehört ...
Strasser: ... und auch das Pfarrheim und das Pfarrcafé, wo ich auch oft zu treffen bin. Die Botschaft Jesu soll man nicht nur in der Kirche, sondern auch davor und besonders im Alltag spüren.
Das heurige Jahr war das Jubiläum 100 Jahre Domweihe. War es für Sie wie ein großes Finale?
Strasser: Nein, es war ein Arbeitsjahr, in dem ich mich aber sehr über die vielen Veranstaltungen und besonders über die Brucknermessen gefreut habe.
Was werden Sie nach dem 31. Dezember tun?
Strasser: Aufräumen und in der neuen Pfarre Linz-Mitte Gottesdienste feiern – nicht aber im Dom.
Und ein wenig wehmütig zurückschauen?
Strasser: Nein, aber in großer Dankbarkeit.
Wort zum Sonntag
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
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