Mira Stare ist promovierte Bibelwissenschaftlerin an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Innsbruck und Pfarrkuratorin.
Der Herr ist Richter und es gibt vor ihm kein Ansehen der Person. Er bevorzugt niemanden gegenüber einem Armen, die Bitte eines ungerecht Behandelten wird er erhören. Er missachtet nicht den Hilferuf der Waise und die Witwe, wenn sie ihren Jammer ausschüttet. Wer Gott wohlgefällig dient, wird angenommen und seine Bitte dringt bis in die Wolken. Das Gebet eines Demütigen durchdringt die Wolken, und bevor es nicht angekommen ist, wird er nicht getröstet und er lässt nicht nach, bis der Höchste daraufschaut. Und er wird für die Gerechten entscheiden und ein Urteil fällen.
Mein Sohn! Ich werde schon geopfert und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sein Erscheinen ersehnen. Bei meiner ersten Verteidigung ist niemand für mich eingetreten; alle haben mich im Stich gelassen. Möge es ihnen nicht angerechnet werden. Aber der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Völker sie hören; und so wurde ich dem Rachen des Löwen entrissen. Der Herr wird mich allem bösen Treiben entreißen und retten in sein himmlisches Reich. Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen.
In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Gleichnis: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Ich will den Herrn allezeit preisen;
immer sei sein Lob in meinem Mund.
Meine Seele rühme sich des Herrn;
die Armen sollen es hören und sich freuen.
Das Angesicht des Herrn richtet sich
gegen die Bösen,
ihr Andenken von der Erde zu tilgen.
Die aufschrien, hat der Herr erhört,
er hat sie all ihren Nöten entrissen.
Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen
und dem zerschlagenen Geist bringt er Hilfe.
Der Herr erlöst das Leben seiner Knechte,
niemals müssen büßen, die bei ihm sich bergen.
Paulus schreibt an Timótheus, dass die Zeit seines Aufbruchs nahe ist. Mit dem Aufbruch meint er sein Sterben und seinen Übergang in das himmlische Reich. Er schaut zuerst zurück auf seinen Lebens- und Glaubensweg. In einem Satz fasst er diesen zusammen: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue / den Glauben bewahrt“ (2 Tim 4,7).
Sein Leben in der Nachfolge Jesu schaut wie ein Lauf oder Kampf aus. Sie sind nun beendet. Dabei ist für Paulus wichtig zu unterstreichen, dass er in diesem Lauf und Kampf den Glauben bewahrt hat, obwohl er oft von allen im Stich gelassen worden ist. Seine Sendung / sein Lauf war unbegreiflich groß, nämlich die Verkündigung der Frohbotschaft Jesu an alle Völker. Er hat die Sendung nicht aus eigener Kraft geschafft. Er schreibt: „Aber der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Völker sie hören“ (2 Tim 4,17). Nun kann er zuversichtlich in die Zukunft auf die kommende Begegnung mit Jesus schauen und seine Rettung im himmlischen Reich erwarten.
Wie schaut unsere Lebensbilanz aus? Was ist das Ziel unseres Laufens und unserer Kämpfe? Paulus ermutigt uns, unser Leben in die Verkündigung der Frohbotschaft Jesu an andere Menschen einzusetzen. Auf diesem Weg werden wir nicht allein sein. Jesus selbst wird uns die Kraft geben. Möge auch uns an unserem Lebensabend nach dem vollendeten Lauf und
Kampf geschenkt werden, unseren Glauben zu bewahren und uns auf die Begegnung mit Jesus zu freuen. Mögen wir unseren Nachkommen vor allem unser Zeugnis für Jesus und die Spuren seiner Liebe hinterlassen.
Mira Stare ist promovierte Bibelwissenschaftlerin an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Innsbruck und Pfarrkuratorin.