Wort zum Sonntag
Warum muss jemand sterben? Der Tod hinterlässt neben Dankbarkeit über das gemeinsam Erlebte nicht nur Trauer und Lücken, sondern oft auch diese Warum-Frage. Sie kann auf unterschiedlichen Ebenen beantwortet werden. Ein Beispiel: eine misslungene Operation; eine schwere Erkrankung, die zur Operation geführt hat; ein ungesunder Lebenswandel als Auslöser dieser Krankheit; weil wir letztlich alle sterben müssen …
Warum musste gerade Jesus, dieses Vorbild an Menschlichkeit, am Kreuz sterben? Ähnlich wie in obigem Beispiel lassen sich auch bei ihm viele Antworten finden. Zum einen gab es äußere Anlässe für Jesu Verhaftung, Verurteilung und Hinrichtung: Jesus entweihte in den Augen seiner Gegner den Sabbat, weil er sich für den Vorrang des Menschlichen einsetzte. Sein Vollmachtsanspruch wurde als Anmaßung und Lästerung eingestuft. Jesu Verhalten weckte messianische Hoffnungen; die Römer fürchteten daher Unruhen und machten mit potentiellen Unruhestiftern kurzen Prozess. Jesu provozierendes Auftreten in Jerusalem, seine Kritik am Tempel und dessen Ordnung, führte zum Konflikt mit den führenden religiösen Kreisen.
Jesus musste erleben, was viele Menschen aller Zeiten erlebt haben: dass die Wahrheit und das totale Gut-Sein nicht ertragen werden; dass religiöse und politische Systeme meist über den einzelnen Menschen gestellt werden; dass die Botschaft der Gewaltlosigkeit oft Aggressionen hervorruft; dass es die Herrschenden verunsichert, wenn sie infrage gestellt werden, und dass dadurch kein Systemwechsel passiert, sondern der Einzelne bekämpft wird. Dies alles sind tiefere Ursachen für Jesu Tod.
Nach dem Tod am Kreuz – und im Licht der Begegnungen mit dem Auferweckten – machten sich Jesu Freunde viele Gedanken zur Passion und zur Frage, warum er sterben musste. So entstanden im Licht des Glaubens reflektierte Aussagen: „Er hat uns mit seinem Blut gesühnt und uns mit Gott versöhnt“; „Damit die Schrift erfüllt werde“; „Er wollte uns Menschen in allem gleich sein und erniedrigte sich so bis zum Sklaventod am Kreuz“; und viele mehr.
Jesu letzte Tage in Jerusalem waren geprägt von einer großen Klarheit und Konsequenz. Er zog nach Jerusalem, um dort, im Zentrum der Macht, vielleicht doch noch die Herrschenden von seiner Botschaft zu überzeugen. Die Mauer der Ablehnung konnte er nicht überwinden, und so wurde ihm klar, dass sein Weg zum Tod führen würde. Dennoch warf er nicht das Handtuch, sondern führte bis zuletzt viele Gespräche im Tempel. Das letzte Mahl feierte er bewusst als Abschiedsmahl – und deutete Brot und Wein als Zeichen der Lebenshingabe: „Nehmt, das ist mein Leib! Das bin ich. Ich werde nicht mehr vom Wein trinken bis zu dem Tag, an dem ich von Neuem davon trinke im Reich Gottes.“ (vgl. Mk 14,22–25). Die darauffolgenden Stunden bis zum Tod am Kreuz waren Folge seiner konsequenten Gewaltlosigkeit und Lebenshingabe.
Vielleicht ist es nicht so wichtig, warum Jesus gestorben ist, sondern wofür – gefeiert in jeder Eucharistie: Nehmt, das bin ich – gestorben für euch. – Für dich. Für mich.
Jesus
Sein Leben, seine Botschaft
Teil 3 von 4 von Rainer Haudum Ausbildungsbegleiter der Theologiestudierenden und Referent im Bibelwerk Linz
Wort zum Sonntag
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