Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
Später lockt ihn das Königreich von Marokko, das zu betreten für christliche Europäer damals bei Todesstrafe verboten ist. Charles gibt sich als Jude aus und reist ein Jahr lang durch das Land, um es geografisch zu erforschen. Sein wissenschaftlicher Reisebericht über dieses Abenteuer bringt ihm die Goldmedaille der Geographischen Gesellschaft Frankreichs ein. Mit einem Schlag ist Charles berühmt und hat seine Besonderheit unter Beweis gestellt.
Genau zu der Zeit jedoch treibt ihn die Frage nach Gott um. Seine Bekehrung zum christlichen Glauben mobilisiert erneut den Drang zum Extravaganten. Diesmal mit umgekehrtem Vorzeichen: Jetzt sucht Charles, wieder in extremer Form, den „letzten Platz“. Er will mit Ruhm und Ehre nichts mehr zu tun haben, sondern taucht ab in ein strenges und armes Schweigekloster, dann in eine Klause in Nazaret und schließlich in die Verlorenheit der Sahara. Das Bild vom „letzten Platz“ wird für Charles zum Lebensmotto: Von Christus, dem „heruntergekommenen Gott“, tief ergriffen, will Charles dessen Los teilen und sein Leben möglichst konkret nachahmen. Denn Jesus zu lieben bedeutet für Charles zugleich: Die Menschen zu lieben, die Jesus besonders am Herzen lagen, die Ausgeschlossenen und Verachteten also. Man kann Jesus nicht nahe sein, wenn man nicht zugleich den Menschen nahe ist, die an den „letzten Platz“ gedrängt werden.
Unser menschliches Ranking orientiert sich gewöhnlich an Geld, Macht und Status. Doch Gottes Maßstäbe sind heilsam anarchisch, wie es das biblische Lied „Magnificat“ zum Ausdruck bringt: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden erfüllt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“ (Lukas 1,52f.) Um zu bezeugen, dass Gott in allen Menschen und eben nicht nur bei den Privilegierten wohnt, wählt Charles seinen Platz bei den Entrechteten. Und so wie Jesus sich ganz bewusst den Ausgeschlossenen zugewendet hatte, zieht es auch Charles zu Menschen, die an den Rand gedrängt wurden. Seine besondere Aufmerksamkeit gilt den Armen, den Sklaven und den Außenseitern.
Schließlich zieht er in den Süden der Sahara, um sein Leben mit dem Volksstamm der Tuareg zu teilen. Ihnen, die von vielen Europäern als „primitiv“ eingeschätzt werden, bringt er große Achtung entgegen und lernt ihre Kultur immer mehr schätzen. Damit wird deutlich: In den Augen Gottes gibt es keine bevorzugte Kultur. Und nicht der gesellschaftliche Status zählt, sondern einzig und allein, ob jemand bereit ist zum Dienst an den anderen. Für Gott gibt es nur eine Hierarchie: die der Liebe. «
Heiligsprechung am 15. Mai
Teil 2 von 4
mit Andreas Knapp, Priester, kleiner Bruder vom Evangelium, Dichter, Autor
Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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