Sr. Juliana Baldinger ist Sionsschwester. Sie teilt das Leben mit den koptischen Katholiken in Ägypten. Trotz der fundamentalistischen Tendenzen im Islam. Angst hat sie nicht.„Man spürt es schon“, sagt Schwester Juliana. Wie fast alle koptischen Christen hat sich die Ordensfrau aus Österreich das Kreuz ins Handgelenk tätowieren lassen. So ist es Brauch bei Wallfahrten der koptischen Christen.Kopten bekommen es ein Leben lang zu spüren, daß sie Christen sind. Sr. Juliana Baldinger teilt seit sechs Jahren das Leben der rund 1.500 koptischen Katholiken und der 7.000 Moslems in der Stadt Berba, 300 Kilometer südlich von Kairo. Juliana Baldinger ist Sionsschwester. Aufgewachsen in Meggenhofen wurde sie Saisonarbeiterin im Gastgewerbe. Nach einem „Spaziergang in alle Welt“ lernte sie in Israel den Orden der Sionsschwestern kennen.Der christlich-jüdische Dialog ist diesem Orden ein besonderes Anliegen. Je nachdem, wo sie leben, versuchen sie den Dialog mit den Menschen zu führen, unter denen sie leben – in Brasilien, Wien, auf den Philippinen – oder hier in Ägypten unter den koptischen Katholiken mit den Moslems.So wurde die Oberösterreicherin zur „geistlichen Weltenbummlerin“. Sie trat als Novizin bei den Sionsschwestern in Jerusalem ein, hat dann in Frankfurt die Ausbildung als Altenpflegerin gemacht, „schon mit dem Gedanken, einmal nach Ägypten zu gehen“. Also lernte sie auch Arabisch.„Ich lese die Bibel anders und ich höre das Wort Gottes anders“, fühlt sich Sr. Baldinger von diesen Erfahrungen her bereichert. Sie hat entdeckt, daß Gott offen ist für die Menschen, ob sie Christen sind, Juden oder Moslems.Sie hat ebenso entdeckt, daß zur Aufgabe einer Katechetin auch die Sozialarbeit gehört.So lebt sie das heute in der Enge eines ägyptischen Dorfes, zusammen mit zwei anderen Sionsschwestern – einer Kanadierin und einer Ägypterin. Die enge Wohnung der Schwestern befindet sich im Haus, in dem auch der Kindergarten und die Gesundheitsstation untergebracht sind. Es war gerade Weihnachten, als Sr. Juliana hier in Berba ihre Ewigen Gelübde ablegen sollte, da wurde ganz in der Nähe eine Polizeistation von Extremisten überfallen. Zur Feier durfte niemand einreisen, so wurde das feierliche Gelübde verschoben.Angst hat Sr. Juliana dennoch nicht. Zu sehr stehen die Anforderungen der täglichen Arbeit im Vordergrund. In Berba und in drei weiteren Dörfern ist Sr. Juliana für die Gesundheitsambulanzen zuständig. Großen Respekt hat sie vor ihren ägyptischen Mitarbeiterinnen. Sie können nicht lesen und nicht schreiben, arbeiten aber dennoch sehr kompetent. Wenn die Schwester nicht da ist, führen sie die Stationen selbst.In der christlichen Gemeinde erleben die Menschen viel mehr als Gesundheitsversorgung und Kinderbetreuung. Erwachsene Frauen besuchen zum Beispiel den Religionsunterricht in der Koptenpfarre. Sie schätzen diese Weiterbildungsmöglichkeit. Wegen der Unsicherheiten im Land sind viele Kopten abgewandert. Man hat Nachteile, wenn man Christ ist in Ägypten – bei der Wohnungssuche, wenn es um einen Schulplatz geht und vieles mehr. Wegen ihres Einsatzes für die Armen sind die Ordensschwestern sehr geschätzt – im Volk, aber auch bei den Behörden.Den Islam verstehen zu lernen, will Sr. Baldinger auch bei den Christen fördern. Diese können – weil sie das in der Schule gelernt haben – zwar die Verse des Koran auswendig, sie haben aber die Moslems immer nur unter dem Gesichtspunkt einer Bedrohung kennengelernt. Freilich stößt Sr. Baldinger mit ihren Bemühungen an Grenzen: Einerseits ist bei Moslems wenig Interesse am Dialog da. Und Christen verstehen oft nicht, warum sie, wenn sie schon einmal unter sich sind, auf Moslems Rücksicht nehmen sollten. Sie bleiben lieber unter sich. Anfänge gibt es. So sollen zu einem bevorstehenden Pfarrausflug auch Moslems eingeladen werden.