An ihr scheiden sich die Geister. Während sie für die einen zum zentralen Bestandteil ihrer Frömmigkeit gehört, ist sie für andere zu einem Fremdkörper ihres Empfindens geworden: die Herz-Jesu-Verehrung. Am 11. Juni vor 100 Jahren hat Papst Leo XIII. die Menschheit dem Herzen Jesu geweiht. Läßt sich aus dieser Art Frömmigkeit auch etwas für das heutige Leben gewinnen?
Es kommt darauf an. Befreit vom Kitsch nicht allzu einfallsreicher Kunst zu diesem Thema, steht in der Herz Jesu-Verehrung eine Tiefe, aus der sich für die heutige Zeit schöpfen läßt. Auf das Herz kommt es an. Gott hat ein Herz für die Menschen. Die Innigkeit seiner Zuwendung zum Menschen kommt darin zum Ausdruck, ebenso die Radikalität seiner Zuwendung. Ganz ist Jesus bei den Menschen, mit seinem ganzen Herzen eben. Ohne Herz ist kein Leben.
Nicht mit dem Kopf allein begegnet Jesus den Menschen. Hätte er nur die Paragraphen der religiösen Gesetze im Auge gehabt – er wäre an jener Sünderin vorbeigegangen, die sich an ihn herangewagt hatte, wohl auch an jenem Zöllner, von dem am letzten Sonntag im Evangelium die Rede war. Das Herz Jesu im Auge zu haben, diesem Herzen zu singen, wie es ein Liedtext sagt, kann sich auch die Kirche nicht ersparen, wenn sie sich an Jesu Herzlichkeit orientieren will. Dort wohnt die Barmherzigkeit.„Hätte Jesus nur Paragraphen im Auge gehabt, er wäre an der Sünderin vorbeigegangen“