Priester wurde wegen Weitergabe von Kinderpornographie verurteilt
Ausgabe: 2000/11, Strafsache, Pater, Dachsberg
16.03.2000 - Martin Kranzl-Greinecker
Im August 1999 sorgte die Festnahme des Internatsleiters am Gymnasium Dachsberg für großes Aufsehen. Anfang März stand er wegen Besitzes und Weitergabe kinderpornographischer Bilder aus dem Internet in Wels vor Gericht.
Wochenlang berichteten im letzten Sommer Österreichs Zeitungen über die Vorwürfe gegen Pater S. (34) aus der Ordensgemeinschaft der Oblaten des hl. Franz von Sales. Dabei wurden ihm – auf Grund von Mitteilungen der ermittelnden Polizeibeamten – auch Verfehlungen zur Last gelegt, die die Staatsanwaltschaft später nicht bestätigt fand. Am Montag, 6. März 2000 wurde die Strafsache vor dem Landesgericht Wels verhandelt. Pater S. wurde wegen der Überlassung von zehn bis zwanzig pornographischen Darstellungen aus dem Internet an Unbekannte zu einer teilbedingten Geldstrafe von S 6.000,– verurteilt. Da er weitere einschlägige Bilder zwar betrachtet, aber nicht auf dem eigenen Computer abgespeichert hatte, wurde er vom Vorwurf des „Besitzes“ freigesprochen. Weder beim Erhalt noch bei der Weitergabe der Bilder ist Geld geflossen. Bei der Begründung des relativ milden Urteils betonte Richter Mag. Werner Niedermayr, dass der Beschuldigte vom Augenblick der Verhaftung an seine Internet-Aktivitäten gestanden und mit den Ermittlern kooperiert habe. Außerdem nimmt der Priester seit vergangenem Herbst eine Beratung in Anspruch, um persönliche Probleme zu lösen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte nahmen das Urteil an, es ist damit rechtskräftig.
Auch durch Medien bestraft
Im Verlauf der nur 25-minütigen Verhandlung erwähnte der Richter, dass der Pater durch die Medienberichterstattung auf Grund unbelegter Polizei-Aussagen auch eine Art Strafe erhalten habe. Nach der Festnahme im August 1999 überschlugen sich die Meldungen vieler Medien, die Unschuldsvermutung wurde nur in wenigen Fällen gewahrt. Obwohl Pater S. stets beteuert hatte, dass sich seine Taten auf den Bereich der Internet-Pornographie beschränkten, war sowohl in Polizei- als auch Medienberichten die Rede von angeblich gestandenen sexuellen Übergriffen auf Kinder gewesen. Diese von der Polizei kurz nach der Verhaftung kolportierten Geständnisse waren Interpretationen von Beamten, die durch die wiederholte Befragung von Internatsschülern nicht erhärtet wurden.
Keine Folgen für Dachsberg
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Fall sind bereits im November 1999 abgeschlossen worden – und zwar ohne jeden Anklagepunkt wegen direkter sexueller Delikte inner- oder außerhalb des Internates Dachsberg. Da der Fall aber wegen der Materie und des Medieninteresses als „glamourös“ eingestuft worden war, folgten Prüfungen durch alle höheren Instanzen bis zum Justizministerium.Im Gymnasium Dachsberg bei Prambachkirchen ist schon lange wieder der Alltag eingekehrt. Kein einziger Schüler wurde wegen der Affäre um Pater S. aus Schule oder Internat abgemeldet. Im Unterricht und bei Konferenzen haben Lehrkräfte und Schüler/innen versucht, das Geschehene zu verarbeiten.