Bei uns erst im Kommen – in Brasilien lebendige Tradition
Ausgabe: 2000/26, Copoeira, Brasilien, Tanz
27.06.2000
- Elisabeth Leitner
Was „Capoeira“ ist, scheint zunächst unklar: Kampf, Tanz oder beides? Sicher ist: Mit Capoeira wird die Geschichte Brasiliens lebendig.
Als meine Studienkollegin Rosi 1997 von ihrem mehrmonatigen Aufenthalt in Brasilien zurückkam, erzählte sie begeistert von „Capoeira“. „Capu - was“?, fragte ich nach. Heute kann ich ihren Enthusiasmus verstehen. Hat man einmal eine Capoeira-Aufführung gesehen, vergisst man den einprägsamen Rhythmus, den Gesang der Musiker/innen und die geschmeidigen Bewegungen der Tänzer/innen, die voller Kraft und Anmut sind, nicht so schnell. Capoeira ist nicht nur schön anzusehen, Capoeira vermittelt auch Geschichte. Als im 17. Jahrhundert die Bantu als Sklaven von Angola nach Bahia verschleppt wurden, brachten sie den „Berimbau“ mit. Der „Berimbau“ ist das heute noch verwendete Begleitinstrument für den als Tanz getarnten Kampf. Da es den Sklaven verboten war, sich sportlich oder kämpferisch zu betätigen, trainierten die oft in Ketten gelegten Sklaven ihre Kampftechniken „verdeckt“: Was aussah wie eine Versammlung zur religiösen Erbauung, diente den Sklaven zur Stärkung ihrer physischen und seelischen Kraft, wurde ein Instrument der Befreiung. Bis 1920 war „Capoeira“ verboten, wurde dann als „Volkstanz“ in seiner Bedeutung geschmälert. Heute ist „Capoeira“ Ausdrucksmittel, Kampfsport und ein Stück gelebte kulturelle Identität. Die Geschichte der schwarzen Brasilianer/innen wird nicht verleugnet, sie wird damit selbstbewusst weiter erzählt. Power pur!