Ausgabe: 2001/42, Kopf der Woche, Lebensgeschichte, Österreich, China,
16.10.2001
- Walter Achleitner
Mit ihren Lebensgeschichten vermittelt Teresa Yeung zwischen Westen und Osten. Nun will die China-Expertin inÖsterreich das Interesse für die Kirche in ihrer Heimat wecken.
Wenn Teresa Yeung dieser Tage, auf Einladung der Pästlichen Missionswerken, durch Österreich tourt, dann werden Erinnerungen wach. Denn Mitte der 80er Jahre schon hat sie ihren Landsleuten in der noch britischen Kronkolonie Hongkong die katholische Kirche in China näher gebracht: als Autorin von Erzählungen in über 30 Büchern. Den Stoff dafür hat die promovierte Literaturwissenschafterin in mühsamster Kleinarbeit unter oft gefährlichsten Bedingungen im Reich der Mitte zusammengetragen. Einziges Hilfsmittel dabei war ihr Gedächtnis: „Schriftliche Notizen hätten alles verraten können! Und ich lebte ständig mit dem Gefühl, dass jemand mithört und alles auffliegen lässt.“
Geboren wurde Teresa Yeung 1944 in Suzhou unter japanischer Besatzung. Die Stadt nahe Shanghai wird wegen ihrer Kanäle auch „orientalisches Venedig“ genannt. Noch bevor die Kommunisten in Peking die Macht übernahmen, kam die siebenköpfige Familie nach Hongkong. An einer katholischen Schule ausgebildet, lernte Yeung den christlichen Glauben kennen – mit 14 ließ sie sich auf den Namen Teresa taufen. Seit 1989 leitet Yeung die Abteilung für Chinahilfe der Caritas Hongkong. Sie reist monatlich völlig legal in die Volksrepublik. Dabei erfüllt sie eine immer größer werdende Sorge: „Der Materialismus frisst die Kirche!“ So bewegende Geschichten wie früher, meint sie, lassen sich heute schwer noch erzählen. Doch auch ihr, gesteht Teresa, fehle die Zeit zum Schreiben.