Dietmar Steinmair ist Geschäftsführer des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg und Teamleiter im Pastoralamt der Diözese Feldkirch.
Der „Jugoslawienkrieg“ in den 1990er-Jahren war der Auslöser für das rapide Wachstum der kroatischen Gemeinschaft in Österreich. Die Oberösterreicher Gemeinde fing aber damals nicht beim Punkt null an. In der Pfarrchronik von Asten, wo ein Flüchtlingslager stand, findet sich bereits 1945 ein Eintrag über die Seelsorge für Kroaten. In den Jahrzehnten ab 1960 bildeten die Gastarbeiter das Rückgrat der Gemeinde, ehe der Krieg abertausende Menschen in Oberösterreich stranden ließ.
Heute gehören 15.000 Leute zur kroatischen Gemeinde – verteilt über ganz Oberösterreich. Die überwiegende Mehrheit – an die 90 Prozent – kommt aus Bosnien und Herzegowina. „Die Mitglieder unserer Gemeinde sind durch die Kriegserfahrung geprägt“, sagt P. Vjekoslav Lazic.
Der Franziskanerpater arbeitet seit 16 Jahren in Linz, wo er gemeinsam mit seinem Ordensbruder P. Zdenko Gruber als Seelsorger tätig ist. „Wir haben in unseren Kirchenbänken Leute sitzen, die Väter, Brüder, nahe Angehörige im Krieg verloren haben“, weist P. Vjekoslav auf ein Charakteristikum der Gemeinde hin. Das zeigt sich im regelmäßigen Besuch der Gräber in der ehemaligen Heimat. So kommen zu Allerheiligen – übrigens auch zu Weihnachten und Ostern – weniger Gläubige zur Messfeier als an „normalen“ Sonntagen. Die Lebenserfahrung der Gläubigen zeigt sich in einer intensiven Religiosität: „Das Leben in Bedrängnissen hält die Menschen wach für Trost aus dem Glauben. Auch die Marienverehrung nimmt bei uns einen hohen Stellenwert ein.“ Die Jahrzehnte des Kommunismus dürfe man ebenfalls nicht vergessen, in denen die Glaubensausübung eingeschränkt und die Christen von der Gesellschaft ausgeschlossen waren, betont P. Vjekoslav. „Da war nicht viel Platz für Neues. Bewahren war angesagt.“ Die kroatischen Gläubigen sind von ihrer Geschichte geprägt, aber dazu gehört nicht nur die Last der Vergangenheit, sondern sie zeichnet auch eine große Lebendigkeit aus.
Allein in die Kirche St. Quirinus in Linz Kleinmünchen kommen zum Sonntagsgottesdienst an die 1.000 Leute. Die beiden kroatischen Priester feiern in zehn Kirchen Oberösterreichs regelmäßig Gottesdienst: von Bad Ischl bis St. Martin im Innkreis, von Braunau bis Steyr. Rund 400 Kilometer legen sie an einem Wochenende zurück, um an die vorgesehenen Gottesdienstorte zu kommen. „Die Messfeiern und das Gemeindeleben – das alles wäre ohne die vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht möglich“, betont P. Vjekoslav. Drei Frauen, die drei sind Schwestern, von der Gemeinde, die sich in St. Quirinus Kleinmünchen trifft, haben ihren Pfarrer zur Weltkirche-Tagung begleitet. Für Snježana Ljubicic ist die Pfarrgemeinde ein Stück Heimat: „Es ist schwer zu beschreiben. Ich fühle mich in Österreich zu Hause, aber auch mit meiner alten Heimat verbunden, die ich 1992 verlassen habe.“ Ihr bleibt auf jeden Fall die Muttersprache wichtig, die auch ihre vier Kinder gelernt haben. Die freiwillige Mithilfe in der Pfarre ist für Mirela Simunovic selbstverständlich: „Wir helfen, denn das ist einfach wichtig. Ebenso wichtig ist aber der Glaube: dass Jesus Christus der Mittelpunkt ist.“ Die Verbindung ihrer kulturellen Wurzeln mit ihrem Leben in Österreich findet sie ebenfalls selbstvertändlich.
Die Juristin Tanja Filipović freut sich, dass sie in der Pfarre in St. Quirinus Zugehörigkeit, Nächstenliebe und ein Miteinander erleben kann: „Es ist eine junge Kirche – und alles voll.“ Das zeigt sich auch an den rund 100 Kindern, die die beiden Priester in ihrer OÖ Gemeinde jährlich taufen. „Wir haben eine Brückenfunktion“, sagt P. Vjekoslav über die Seelsorge, die auf keinen Fall ein Hindernis für die Integration sein will. „Die beste Integration ist die gewollte, wo das Eigene nicht vergessen wird.“
„Kirche und Gesellschaft wandeln sich. Wir müssen uns bewusst machen, dass die daraus resultierende Vielfalt eine Herauforderung, aber vor allem eine Bereicherung ist“, erklärt Slawomir Dadas. Der Bischofsvikar für Weltkirche hat eine Tagung zum Thema „Mission, Inkulturation und fremdsprachige Seelsorge“ in Linz veranstaltet. In der Begegnung mit Christen aus anderen Ländern können wir mehr Zuversicht, Lebensfreude und Hoffnung lernen, betonte Bischof Manfred Scheuer in seinem Grußwort. Für den Fundamentaltheologen Franz Gmainer-Pranzl ist die Weltkirche nicht mit einem weltweiten Konzern wie etwa Coca-Cola vergleichbar, sondern Christen haben eine Heilsbotschaft empfangen, die allen auszurichten ist. Die Kirche will die Einheit der Menschen untereinander und mit Gott fördern, wie es im Zweiten Vatikanischen Konzil heißt. Ernest Szabó, als Teamleiter für die 15 fremdsprachigen Gemeinden in OÖ verantwortlich, sagte: „Danke, dass Sie uns als Geschwister sehen, auch wenn es manchmal Turbulenzen gibt.“ Weiters referierten Chigozie Nnebedum, Leiter der afrikanischen englischsprachigen Seelsorge, Andreas Reumayr von der Missionsstelle der Diözese und P. Vjekoslav Lazic OFM von der kroatischen Mission in der Diözese Linz (siehe Beitrag links).

Dietmar Steinmair ist Geschäftsführer des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg und Teamleiter im Pastoralamt der Diözese Feldkirch.
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