Nun ist Mike Jagger von den Rolling Stones ein Sir; geadelt von der britischen Königin wegen seiner Verdienste um die Popmusik. Damit schlägt die Gegenwart der Vergangenheit ein doppeltes Schnippchen. Einerseits heftet die etepetete Gesellschaft, die sich gerne als crème de la crème versteht, dem einst als Mitglied der „bösen Buben“ verschrieenen Popstar einen Orden um. Also ist nun Verdienst, was einst als Bedrohung gebrandmarkt wurde. Andererseits lässt sich ein „böser Bub“ einen Orden vom Inbegriff der feinen Gesellschaft umhängen, der er und seine Gruppe seit Jahren auf allen Schallplatten- und CD-Hüllen die Zunge zeigt und sie mit Drogen-, Steuer- und anderen Skandalen gegen den Strich bürstet. Man könnte darüber auch schweigen, wenn es nicht so symptomatisch wäre für die Gesellschaft: Für Geld, Ruhm und mediales Blitzlichtgewitter sind viele bereit, auch inständig behauptete Werte über Bord zu werfen, hier wie dort.
Ernst Gansinger
„Null-Toleranz“
Eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Priestern, die Minderjährige missbraucht haben (bzw. missbrauchen), haben die amerikanischen Bischöfe nach einer heftigen internen Debatte beschlossen. Niemand soll mehr aus Angst vor Skandalen oder falsch verstandener Rücksichtnahme auf das Image der Kirche geschützt werden. Die Sprecher der Opfer und der Angehörigen sind mit dieser Entscheidung allerdings nicht zufrieden. Sie wollen, dass jene, die dafür mitverantwortlich sind, dass es zu diesem Ausmaß an Missbrauch kommen konnte, zur Verantwortung gezogen werden, die nicht handelnden Bischöfe. Nun ist Rom am Zug. Wird es auch da null Toleranz geben?