Gemeinschafts- und Familienspiele für den Sommer – Folge 2
Ausgabe: 2002/33
13.08.2002
- Kirchenzeitung der Diözese Linz
Daumenhahnenkampf: Ein Spiel aus Japan für die Wanderpause
Am Samstag passt das Wetter endlich. Der lang geplanten Wanderung der Familie Mair aus Hall i. T. mit einer befreundeten Familie steht nichts mehr im Wege. Als Ziel peilen die Familien die Walderalm oberhalb der Nachbargemeinde Gnadenwald an: 15 Minuten mit dem Auto, dann weiter zu Fuß. Gegen 10 Uhr durchqueren die zwölf mehr oder weniger begeisterten Wanderer den kühlen Fichtenwald. Unter wolkenlosem Himmel gehen sie dann auf einem Forstweg stetig bergauf. Nach ca. 40 Minuten machen sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar. „Eine Quelle! Da halten wir jetzt aber an!“, ruft Veronika ein wenig frustriert. Franziska und Lukas machen es sich sofort auf dem weichen Waldboden bequem.
Ehe es weitergeht, hat der Vater eine Idee: „He Sportfreunde! Kennt ihr das Hahnendaumen-kämpfen? Das soll in Japan ein beliebtes Spiel sein.“ – Jeweils zwei Personen geben einander die rechte Hand und halten sich mit abgewinkelten Fingern fest. Jeder streckt seinen rechten Daumen als „Hahn“ gerade nach oben. „Auf 1-2-3 geht’s los. Jeder versucht den Daumen des anderen nieder zu drücken. Aber nicht zu grob!“ Franziska und Veronika schenken sich nichts und probieren gleich ein zweites Mal. Diesmal geben sie sich beide Hände, links zu links und rechts zu rechts. „Jetzt heißt es links und rechts gleichzeitig zu kämpfen“, geben sich beide siegessicher.
„Das ganze geht auch im Kreis,“ sagt der Vater und dirigiert die Runde. „Abwechselnd einmal die Arme überkreuzen, einmal offen halten und so weiter.“ „Echt cool“, ist Franziska sichtlich begeistert.Nach einer weiteren Stunde Gehzeit sitzen alle an einem Tisch vor der Walderalm. Sie genießen das herrliche Hochplateau und den Blick auf die Berge ringsum. „Wenn ihr nach der Rast wieder fit seid, gibt’s hier eine Runde Frisbee“, versucht Markus die anderen zu weiteren Spielen zu motivieren. „Mal schauen“, meint die Mutter. Erst einmal studiert sie in Ruhe die Speisekarte.
Hinweise
Alter: ab 6 Jahre. Anzahl: zwei bis beliebig viele SpielerInnen. Ort: im Raum und im Freien. Material: Keines Spielart: Ablenkung, Entspannung, Spaß. Andere Spielehits für die Wanderpause: Robin Hood, Reimpantomime, Zuschnappen (beschrieben in Hechenbergers Buch „Bewegte Spiele“, erschienen im Verlag Ökotopia, Münster, 2001).
Zur Serie:
Im Spiel echte Partner sein
Im Gegensatz zu Kindern, die im Spiel ihre ganze Persönlichkeit einbringen und entfalten, kostet es Erwachsene häufig eine besondere Anstrengung, beispielsweise in neue, unbekannte Rollen zu schlüpfen oder einfach wie ein Kind offen zu sein für Neues, Ungeplantes. Umso wichtiger ist es, dass das Spielen in der Familie nicht nur Angelegenheit der Kinder bleibt. Das ge-meinsame Spielen in der Familie hat gerade in einer Zeit, die auf Konsum und Leistung ausgerichtet ist, eine besondere Bedeutung. Das wichtigste ist, dass die Eltern gleichwertige Spielpartner sind. Das heißt, sie sollten selbst mitspielen und nicht als Lehrmeister im Hintergrund nur zuschauen. Die Kinder erleben dann ihre Familie als Gemeinschaft, in der sie sich wohlfühlen können und in der sie mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten Platz haben. Sie machen die Erfahrung, dass Spielen nicht nur Kindersache ist, sondern zum ganzen Menschsein gehört. Die Erwachsenen selber profitieren ebenso, denn sie halten ihre oft verschüttete Phantasie, Spontaneität und Unbekümmertheit wach oder wecken sie wieder auf.
Es lohnt sich, gerade in der Familie so etwas wie eine „Spielkultur“" zu entwickeln und sich bewusst Zeit zum Spielen zu nehmen. Der Kulturhistoriker Johann Huizinga meint: „Spielen ist jene Tätigkeit, in der wir das Leben lernen.“a.hechenberger@teamtime.net