Samstag Abend bei Familie Mair. Zufällig sind alle sechs daheim, was in den Ferien gar nicht so oft der Fall ist. Außer dem 6-jährigen Lukas versammelt sich die ganze „Mannschaft“ gegen 20 Uhr vor dem Fernseher im Wohnzimmer, obwohl draußen schönes Wetter ist. Die Programmzeitschrift hat einen interessanten Film angekündigt. Doch der ist ein Reinfall. Und auch sonst läuft trotz der 32 Satellitenprogramme rein gar nichts. Die Familie erinnert sich an ihre Spielleidenschaft. Und schon hat Veronika eine Idee: „In unserer letzten Firmstunde, da haben wir was Witziges gemacht. Es hat Faxmaschine oder so geheißen." Fünf Minuten später treffen sich alle im Garten. Sie stellen sich hintereinander auf und blicken alle nach vorn. Veronika erklärt: „Stellt euch vor, ihr seid ein gro-ßes Faxgerät. Gleich werden wir der Oma ein Fax schicken.“Der erste und die letzte in der Reihe, Thomas und Mama, bekommen jeweils einen Zettel und einen Stift. Veronika: „Okay Thomas, du zeichnest etwas einfaches und schickst dann das Fax los.“ Thomas überträgt vorsichtig seine „Daten“ mit dem rechten Zeigefinger auf den Rücken von Franziska, der Mitspielerin vor ihm. Franziska „speichert“ die Daten und gibt sie wie zuvor Thomas an Papa weiter. Das setzt sich fort bis zur letzten Spielerin in der Reihe.„So, Mama, du musst jetzt das Fax ausdrucken und auf deinen Zettel zeichnen, was du gespürt hast,“ gibt Claudia die letzte Anleitung. Danach wird natürlich verglichen, ob die „Originalbotschaft“ von Thomas mit dem End-ergebnis übereinstimmt. „Leider nicht", lachen alle. Dennoch nicht schlecht: Aus der lachenden Sonne von Thomas ist bei Mama eine Linzertorte geworden. „Das erinnert mich an ,Stille Post’, nur ohne Worte,“ sagt Papa. Er entschließt sich, eine eher komplizierte Fax-Zeichnung loszuschicken. Als Mama den Beginn macht, denkt sie lange nach. Sie schreibt zwei kurze Worte auf den Zettel. Komplizierter wird’s wie-der bei Franziska: Sie „steckt“ einen ganzen Satz in die Faxmaschine.
Hinweise
Alter: ab 6 Jahre. Anzahl: 4 bis beliebig viele SpielerInnen. Ort: im Raum und im Freien. Material: Papier, Stifte. Spielart: Entspannung, Kreativität, Sinneswahrnehmung. Weitere Spiele für den enttäuschenden Fernsehabend: Reimpantomime, Captain Video, Über-einstimmung (beschrieben inHechenbergers Buch „Bewegte Spiele“, erschienen im Verlag Ökotopia, Münster, 2001, 16,9 e).
Sich im Spiel begegnen
Zur Serie
Das gemeinsame Spielen in der Familie hat eine ganze Palette positiver Auswirkungen für das Zusammenleben. Durch den feinfühligen Umgang miteinander kommt es zu echten Begegnungen. Kinder und Erwachsene können im Spiel wichtige Haltungen und Fähigkeiten entwickeln: aufeinander eingehen, zuhö-ren, Rücksicht nehmen, sich phantasievoll ausdrücken oder einfach mit anderen zusammenarbeiten.Das sind alles Fähigkeiten, die in unserer einseitigen Informationsgesellschaft be-sondere Bedeutung haben. Nach einer deutschen Studie sehen Kinder zwischen 4 und 14 Jahren täglich durch-schnittlich vier Stunden fern. Erwachsene verbringen hochgerechnet zehn Lebensjahre vor dem Fernseher. Im Gegensatz dazu werden beim Spielen alle Sinn-Bereiche beansprucht. Herz, Hand und Hirn können sich entfalten und somit zu einer höheren Lebensqualität beitragen.In größerem Zusammenhang gesehen hilft Spielen Grenzen zwischen Generationen, Rassen und Kulturen abzubauen. „Play for Peace“ z. B. ist eine weltweite Initiative von Freiwilligen, die in Kriegsgebieten von Jerusalem bis Guatemala durch Spiele Beziehungen zwischen Menschen herstellen und so einen Beitrag für eine friedlichere Gesellschaft leisten. Der Satz Martin Bubers, „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, findet beim Spielen seine volle Verwirklichung.a.hechenberger@teamtime.net