Die Broschüre „Love, Sex und so“ erhitzt landauf – landab die Gemüter
Ausgabe: 2002/36, Love, Broschüre,
04.09.2002
- Elisabeth Leitner
Das Thema Nr. 1 beschäftigt nicht nur Jugendliche. Die neue Broschüre des Sozialministeriums „Love, Sex und so“ ist zum Stein des Anstoßes geworden.
Einmal mehr zeigt sich, dass die Beschäftigung mit dem Thema „Liebe und Sexualität“ eine Gratwanderung darstellt. Und das in einer Zeit, in der anscheinend alle Tabus gefallen sind. Kritisiert wird an der Broschüre das unausgewogene, einseitige Verhältnis von Liebe und Sexualität. „Parteiergreifung für krasse Unmoral“ sieht darin Weihbischof Andreas Laun. „Sexualität werde fast ausschließlich als ‚Genuss- und Konsumationsmittel‘ dargestellt“, so Familienbischof Klaus Küng.
Gertraude Steindl, Generalsekretärin von „Aktion Leben“, kann zwar noch das Vorwort des Ministers unterschreiben. „Diese Broschüre“ – so steht’s im Vorwort – „beeinhaltet viele Informationen und Denkanstöße. (...) Sie soll helfen, Verantwortung für das eigene Leben, das der Freundin/des Freundes und gegenüber dem werdenden Leben wahrzunehmen.“
Keine Perspektiven
Steindl stellt aber fest, dass diese Ankündigung nicht eingelöst wird: Im Kapitel „Keine Panik – schwanger?“ fehlt die Perspektive, dass man als Jugendliche ein Kind auf die Welt bringen kann. Es findet sich kein Hinweis auf Familienberatungsstellen, die im Fall einer Schwangerschaft unterstützend zur Seite stehen. Im Adressen-Anhang ist die Auswahl der Beratungsstellen sehr mangelhaft. Eine Empfehlung von Aktion Leben gibt es daher für diese Broschüre nicht, erklärt Steindl und verweist stattdessen auf Behelfe von Aktion Leben.
Ein Blick ins „Love“-Heftchen. Auf Seite 44 ist darin zu lesen: „Für die meisten Jugendlichen gehören Sex und Liebe zusammen. Sie sehnen sich nach einer Beziehung, in der Liebe und Sex verbunden sind. Für das erste Mal ist dieser Wunsch besonders ausgeprägt. Sex ganz ohne Gefühle gibt es nicht. Auch nicht bei einem One-Night-Stand. Natürlich kann Sex auch dann toll sein, wenn die Beziehung nur auf eine Nacht begrenzt ist. (...)“.
Eine Beobachtung aus dem Schulalltag: Lehrer/innen haben mehrfach festgestellt, dass die Bedürfnisse von Mädchen und Burschen in Sachen Liebe und Sexualität im Alter von 13 bis 16 Jahren - dem Zielpublikum von „Love, Sex und so“ sehr unterschiedlich sind. In zwei 4. Klassen (AHS) klaffte das Ergebnis einer Befragung weit auseinander: Während Burschen das Thema „Sexualität“ mit der Höchstzahl der Punkte versahen, gab es von den Mädchen keinen einzigen Punkt dafür. Umgekehrt bewerteten Mädche als besonders wichtig „Freundschaft“ (Mädchen: 20 Punkte, Burschen: 6 Punkte). Zum Stichwort „Liebe“ fiel den Jugendlichen Folgendes ein: Vertrauen, Treue, Sex, Zuneigung, Hormone, Pille, Ehrlichkeit, Beziehung, Sorgen, Gefühle, „das erste Mal“.
Info „Aktion Leben“: www.aktionleben.at bzw. Forum Schüler/innen: Tel. 0732/76 10-3330.