Die letzten Paradeiser sind gepflückt. Es ist auch nicht mehr so recht die Zeit dafür. Die Krautköpfe auf den Feldern reifen hingegen prächtig heran– und was sonst noch wächst, um den Vitaminbedarf für den Winter zu decken. Es geht ans Einlagern – für jene wenigstens, die sich diese Mühe noch machen, die den Platz dazu haben und wohl auch die Zeit.
Sauerkraut putzen, hobeln, einschichten und treten – das war einmal eine aufwändige Sache. Dafür hat das Kraut als Vitaminspender den ganzen Winter hindurch gereicht. Heute hingegen braucht sich der Durschnittsbürger um solche Angelegenheiten nicht zu kümmern. Er bekommt, was er will, das ganze Jahr über, portionsweise verpackt und fertig gewürzt. Er kriegt, wenn ihm danach ist, auch Paradeiser, Gurken oder Trauben im Winter. Schnell und einfach werden Bedürfnisse heutzutage gestillt. Man zahlt und die Sache hat sich. Warten zu müssen ist nicht nicht mehr nötig. Alles zu jeder Zeit.
Über den Tag im Grunde nicht mehr hinausdenken zu müssen, trifft nicht nur auf das Essen zu. Es kümmert sich schon jemand! Wen wundert es, dass Menschen das Gefühl für den Wert verlieren – nicht nur beim Essen. Menschen leben und entscheiden dann aus aus der Laune des Tages – ob es sich dabei um Politik, Glaube oder auch Beziehungsgestaltung handelt. Allerdings: Auch mit der Hoffnung ist es wie mit dem Sauerkraut: In guten Zeiten gilt es einzulagern. Jederzeit käuflich ist sie nicht.
Mit der Hoffnung ist es wie mit dem Sauerkraut: In guten Zeiten gilt es einzulagern.