Menschen getrauten sich nicht auf die Straße. Fenster in Schulen wurden abgedunkelt. Im Großraum Washington hatten die Menschen Angst vor dem Heckenschützen. Die Nachricht von der Verhaftung der beiden Mörder wurde mit großer Erleichterung aufgenommen. Der Spuk ist vorbei. Man braucht keine Angst mehr zu haben.
Eigentlich seltsam. Die Angst, von diesem Heckenschützen getroffen zu werden, ist viel größer als die Angst, einem Unfall zum Opfer zu fallen. Wie viele Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang hat es in den Wochen der Angst vor dem Heckenschützen im Großraum Washington gegeben? Gewiss: Es ist ein großer Unterschied. Hier zwei Mörder, die Menschen bewusst nach dem Leben getrachtet haben. Den Tod im Straßenverkehr hingegen, den hat niemand gewollt. – Aber in Kauf genommen. Zu denken gibt die Selbstverständlichkeit, mit der man sich an das Sterben auf der Straße gewöhnt hat. Es ist der Preis heutiger Mobilität. 840 Verkehrstote bei Unfällen mit Kraftfahrzeugen gab es allein in Österreich im letzten Jahr. Da war kein Heckenschütze im Spiel.
Mit derselben Intensität, mit der nach dem Heckenschützen gefahndet wurde, sollte nach den Ursachen für von Menschen verursachtes Sterben gesucht werden. Es gibt Systeme, die töten. Wo Hunger verursacht wird. Wo – weil Weltspartag ist – Sicherheit wegen Gewinninteressen außer Acht gelassen werden. Einen Heckenschützen kann man einsperren. Was lässt zögern, nach den anderen Lebenszerstörern zu fahnden?